Care-Arbeit ist in Familien meistens Frauensache. In der Musikbranche sieht es nicht anders aus. Auch da sind überwiegend Frauen für Artist-Care zuständig, sagt Rike van Kleef. In ihrem Buch "Billige Plätze" geht es um den Gendergap in der Musikbranche.

Bring Me The Horizon, Korn, Slipknot, The Prodigy, K.I.Z, Kontra K, Sleep Token, Falling in Reverse, Rise Against – das sind die Headliner bei Rock am Ring 2025. Das Gendersternchen kann man sich da sparen, denn der Frauenanteil beträgt genau null Prozent.

Generell sind auf den Plakaten der großen Festivals nicht viele weibliche Acts zu sehen. Von FLINTA-Personen, zu denen neben Frauen, nicht-binäre, Trans- und Interpersonen gehören, ganz zu schweigen, sagt Rike van Kleef. Sie arbeitet seit Jahren in der Musikbranche und hat das Buch "Billige Plätze" geschrieben. Darin geht es um Gender, Machtstrukturen und Diskriminierung in ihrer eigenen Branche.

Benachteiligung durch geschlechterbezogene Strukturen

Ihrer Einschätzung nach ist die Antwort darauf, warum hauptsächlich (cis-)Männer auf den großen Bühnen stehen, vielschichtig: Zum einen sagen Veranstalter, es gebe einfach keine oder zu wenige weibliche Stars. Das stimmt auch zum Teil, meint Rike. Man müsse aber den Grund hierfür berücksichtigen: "Männliche Acts hatten in der Vergangenheit anderer Chancen und wurden anders gefördert."

Eine weitere Frage ist, so Rike weiter, ob Veranstalter die Bands nicht finden oder gar nicht nach ihnen suchen beziehungsweise sich nicht trauen, sie auf die größeren Slots zu packen. Auf der anderen Seite, sagt Rike, gibt es durchaus sehr große Festivals wie etwa das Primavera Sound in Barcelona, die eine All-female-Sparte haben. Das zeige: Es ist nicht unmöglich.

"Ich habe nicht die Erwartung, dass ein Festival wie Rock am Ring von heute auf morgen eine 100 oder 50 Prozent FLINTA-Headliner*innen-Sparte hat."
Rike van Kleef, Autorin des Buches "Billige Plätze"

Rike hat sich für ihr Buch auch Jobs hinter der Bühne angeschaut. Da arbeiten zwar viele Frauen, sagt sie. Doch die Jobs spiegelten ebenfalls Geschlechterklischees wider.

Portrait von Rike van Kleef
© Sophia Emmerich
Rike van Kleefs Debütsachbuch heißt "Billige Plätze. Gender, Macht und Diskriminierung in der Musikbranche"

Jobverteilung: Männer entscheiden, Frauen menscheln

Die Management-, Leitungs- und Technikpositionen werden überwiegend mit Männern besetzt, sagt Rike. Währenddessen übernehmen Frauen eher Aufgaben, in denen es darum geht, sich um Menschen – in dem Fall die Artists – zu kümmern. "Die Datenlage zu dem Unterschied zwischen Frauen und Männern ist ganz klar", sagt Rieke und fügt hinzu: "Vom Unterschied zu nicht-binären Personen sprechen wir da noch gar nicht, auch weil es dazu keine große Datenlage gibt."

"Festivals sind in der Position, etwas zu ändern, weil sie Nachwuchs- und Aufbauarbeit leisten und damit dafür sorgen, dass wir in Zukunft mehr Headliner*innen haben."
Rike van Kleef, Autorin des Buches "Billige Plätze"

Einen Ausblick gibt es aber möglicherweise: Auf kleineren bis mittelgroßen Festivals ist das Line-Up oft diverser. Laut Rike gilt außerdem: Je höher der FLINTA-Anteil im Team, desto eher spielen Gendergerechtigkeit und Diversität eine Rolle. "Das ist zwar nicht überraschend", sagt Rike. "Überraschend ist aber, dass alle es wissen, es in der Realität aber immer noch keine Umsetzung findet."

Die Autorin appelliert daher an Festivals, ihre Verantwortung wahrzunehmen und für die Zukunft mehr FLINTA-Künstler*innen auf ihre Bühnen zu holen und groß zu machen. Denn die Macht dazu hätten sie.

Shownotes
It's still a (cis)man's world
Diskriminierung in der Musikbranche
vom 30. Mai 2025
Moderation: 
Kristin Mockenhaupt
Gesprächspartnerin: 
Rike van Kleef, Autorin von "Billige Plätze"