Dass Diebe sich nicht für Schrotträder interessieren, glauben immer noch viele von uns. Darum fahren wir eine alte Gurke. Doch eines Tages ist das Schloss geknackt und die alte Gurke verschwunden. Denn auch für klapprige Räder gibt es einen Markt.

Jede Menge schrottige Gurken waren auch unter den rund 1500 - mutmaßlich geklauten - von der Kripo Hamburg sichergestellten Rädern. Das war Ende April. Die Räder stehen inzwischen in dichten Reihen in einer Halle von der Größe eines Fußballfeldes.

"Über tausend Räder, einmal umgedreht und einmal durch die Fahndung gejagt.“
Kriminaloberkommissar André Herrmann

15 Laster haben den Radfund abtransportiert, denn bei den Rädern kommen Berge aus Metall und Blech zusammen. Auffällig ist: Kaum eines dieser Räder ist fahrtüchtig. 

1.500 Räder sind nach ihrer Sicherstellung durch die Kripo in einer Halle untergebracht
© Deutschlandfunk Nova | Swantje Unterberg

In der Halle wird damit offensichtlich: Die Strategie, ein möglichst abgerocktes Fahrrad zu fahren, um Diebstahl vorzubeugen, funktioniert letzten Endes nicht. Das wissen die meisten von uns bereits aus Erfahrung - dennoch spielt ein möglichst unedles Aussehen eine Rolle bei der Entscheidung, welches Rad wir kaufen. 

"Man achtet besonders bei der Fahrradwahl auf das Aussehen, dass es nicht zu teuer aussieht.“
Ein Radfahrer zu seiner Kaufentscheidung

Aber egal ob schrottig, restauriert, gebraucht, einfach nur durchschnittlich oder neu. Alle Arten von Rädern werden geklaut und dann weiter verkauft. Und für alle Arten gibt es einen Markt. Kriminaloberkommissar André Herrmann zählt die verschiedene Marktsegmente und Vertriebswege auf:

Es gibt für alle Räder einen Markt - auch für dein Rad

Die schrottige Möhre

Minderwertige Räder verschwinden als Massenwaren und per Container Richtung Afrika, Syrien und so weiter. Nach einer Aufarbeitung werden sie dann dort verkauft. Außerdem sind auch für die letzte Gurke immer noch 10 oder 20 Euro drin. Der Diebstahl von Schrotträdern ist damit auch Teil von Beschaffungskriminalität. 

Hochwertige Räder

Der Markt für hochwertige Räder ist schnell. Die Räder werden auf Transporter geladen und ins Ausland gebracht. Osteuropäische Staaten seien eher das Ziel als andere Länder, sagt Kommissar Herrmann. 

Der Teilemarkt

Auch Teile von Rädern wie zum Beispiel nur der Rahmen sind ein Geschäftsmodell, mit dem Geld gemacht wird. 

"Den kriege ich auch tatsächlich für teilweise drei-, vierhundert noch verkauft. Und wenn ich davon mehrere habe, mache ich damit ganz gutes Geld.“
Kriminaloberkommissar André Herrmann über den Handel mit Teilen

Was nicht Richtung Ausland verschwindet, wird auf Flohmärkten, Ebay oder auch im Einzelhandel verkauft. Hier werden komplette Räder, aber auch Teile angeboten. 

Ein gutes und "sicheres" Geschäft für Diebe und Hehler

Mit dem illegalen Verkauf wird viel Geld gemacht. Bundesweit geht es nach Schätzungen der Kripo um einen dreistelligen Millionenbetrag. Zwei offizielle Zahlen liefert die polizeiliche Kriminalitätsstatistik zu den Fahrraddiebstählen: Im vergangenen Jahr wurden bundesweit mehr als 330.000 Fahrräder geklaut. Ohne Dunkelziffer. Die Aufklärungsquote ist dabei mit knapp neun Prozent extrem niedrig. Für Diebe und Hehler ist die ganze Sache also extrem lukrativ - und relativ sicher. 

Shownotes
Hehlerware Fahrrad
Warum auch die letzte Gurke geklaut wird
vom 08. Mai 2017
Moderation: 
Christian Schmitt
Autorin: 
Swantje Unterberg, Deutschlandfunk Nova