Laut statistischem Bundesamt sind in der Landwirtschaft mehr als ein Drittel der Arbeitenden Frauen. Aber von Gleichstellung sind viele Betriebe weit entfernt.
Es sind oft noch immer die veralteten Rollenklischees, die bestimmen, wer wo arbeitet: "Häufig ist es immer noch so, dass Männer für Betriebsleitung und die Aufgaben auf dem Feld zuständig sind und Frauen eher für den häuslichen Bereich, Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen sind – dieses typische: Kinder, Küche, Kälber", sagt Janna Luisa Pieper. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie ländlicher Räume an der Uni Göttingen und hat vier Jahre an dem Projekt "Frauen. Leben. Landwirtschaft" geforscht.
"Es zeigt sich, dass die Rollenverteilung in der Landwirtschaft immer noch sehr stark den tradierten Vorstellungen entspricht."
Janna Luisa Pieper und ihr Team haben insgesamt über 7.000 Frauen aus der Landwirtschaft befragt und mit mehr als 300 Frauen persönlich gesprochen. Dabei haben sie herausgefunden: Frauen wird oft einfach weniger zugetraut.
Bäuerinnen wird weniger zugetraut
Das kennt auch Sophia Meyer. Ihre Eltern haben ein landwirtschaftliches Unternehmen in Franken – sie häckseln, dreschen, pressen als Dienstleister für andere Betriebe. Für sie als Frau war es auch nicht immer einfach.
"Als ich noch jünger war, hatten wir ab und zu mal Kunden, die gesagt haben: Und wenn was kaputt ist – kann die das?", erinnert sich Sophia Meyer, "oder vor zehn Jahren, wo ich selbstständig angefangen habe rauszugehen." Mittlerweile würden die Kunden sie kennen und damit habe sich das Problem erledigt. Aber sie ist trotzdem davon überzeugt, dass es als Mann einfacher gewesen wäre.
"Es ist auf jeden Fall, denke ich, leichter als Mann."
Für Sophia war von Anfang an klar, dass sie mit auf den Feldern arbeitet. Auch ihr Vater hat ihr das immer zugetraut. Das ist nicht selbstverständlich. Janna Luisa Pieper von der Uni Göttingen sagt, häufig werden die Kinder schon unterschiedlich erzogen: "Mädchen werden eher in den Haushalt eingeführt, wogegen Jungs oft zu Hofnachfolgern erzogen werden."
Die Jungs würden schon früh landwirtschaftliche Aufgaben lernen, zum Beispiel das Traktorfahren. "Die wenigsten unserer interviewten Hofnachfolgerinnen haben von ihren Eltern das Treckerfahren beigebracht bekommen. Und das ist natürlich ein Unterschied, der sich weiter fortführt", sagt sie.
Kinder, Küche, Kälber
Auf Bauernhöfen sei es häufig auch noch sehr viel schwieriger für schwangere Frauen und später dann für die Mütter. Viel Arbeit und dann auch noch körperlich anstrengend – das lässt sich einfach nicht mit der Schwangerschaft vereinbaren.
Auch für Mütter von kleinen Kindern ist das – ohne Hilfe – nicht möglich, "weshalb Mutterschaft und Betriebsleitung zusammen einfach einen der Scheidewege darstellt für Frauen. Und viele entscheiden sich eben, den Betrieb aufzugeben, um Kinder haben zu können", so Janna Luisa Pieper.
Sie sagt, durch dieses konservative Rollenbild ist es in Familienbetrieben häufig völlig selbstverständlich, dass der Mann dann weiter auf dem Hof arbeitet und die Frau sich um Kinder und Haushalt kümmert.
"Man muss halt anfangen bei der älteren Generation."
Die Landwirtin Sophia Mayer findet, es müsste sich vor allem etwas in den Köpfen der Älteren ändern. "Dass man halt von diesem Denken 'Frau hat in der Landwirtschaft den Haushalt zu machen' wegkommt, sondern dass halt jeder alles gleich kann und der Mann genauso gut im Haushalt helfen kann. Aber ich denke, dass sich das mit den Jahren selbst ein bisschen löst das Problem.“
Ihre Hoffnung, dass sich die Rollenbilder automatisch verändern werden, wird nicht von der Göttinger Untersuchung gestützt. Obwohl mehr Frauen in die Landwirtschaft kommen, behalten die Männer das Sagen. "90 Prozent der Betriebe in Deutschland werden von Männern geführt. Und das ändert sich einfach fast gar nicht. Innerhalb der letzten 20 Jahre ist der Anteil an Frauen in der Betriebsleitung von landwirtschaftlichen Betrieben nur um knapp 2 Prozentpunkte gestiegen", sagt Janna Luisa Pieper.