Warum wir nach Hause zu den Eltern, Großeltern oder Geschwistern fahren, hinterfragen wir nicht lange. Das macht man so. Egal ob es uns gut oder schlecht geht. Alex, der Protagonist in Kathrin Weßlings Roman "Nix passiert" geht es schlecht. Sehr schlecht. Wie das zum Problem wird, erzählt die Autorin in ihrem Roman.
Kartoffelbrei, Bohnen, Braten – das Mittagessen vom Vortag – schiebt Alex in die Mikrowelle. Er sitzt in der Küche seiner Eltern, nachts um halb eins. Er sehnt sich nach ein paar aufmunternden Worten seiner fürsorglichen Mutter, hört in Gedanken ihr leises Pantoffeltippeln auf der Treppe, erinnert sich an ihren wohligen Bettgeruch, der die Mutter umhüllt, wenn sie ihn nachts in den Arm nimmt und aufmuntert: Alex, du schaffst das. Doch all das war einmal, schildert die Deutschlandfunk-Nova-Rezensentin Lydia Herms.
"Alex sitzt nachts, allein am Esstisch im Haus seiner Eltern und weiß nicht, was als nächsten passiert. Er weiß nur: einen Millimeter in die falsche Richtung – und er schmiert ab."
Alex würde gerne seiner Mutter davon erzählen, dass er nachts nicht mehr schlafen kann, dass er mit seiner Freundin Jenny nicht mehr zusammen ist, dass er eine Scheißangst hat.
Vom Verlassensein und Panikattacken
Panikattacken sind das, was Alex seit seinem 15. Geburtstag begleiten. Nach der Schule ist er nach Berlin gezogen – wegen der Angst.
"Aber Angst nimmt keine Rücksicht. Die kommt, wann sie will. Und sie geht erst wieder weg, wenn Alex sich ihr stellt."
"Nix passiert" ist Kathrin Weßlings vierter Roman – und vielleicht der bislang persönlichste. Wie Alex im Buch wurde Kathrin in einem Sommer in Berlin verlassen und ins emotionale Abseits katapultiert. Genau wie er suchte sie Halt und Ruhe im Haus ihrer Eltern. Und genauso wie Alex musste Kathrin feststellen, dass über das Verlassensein hinaus irgendetwas Essentielles nicht in Ordnung war.
"Nix passiert" von Kathrin Weßling, erschienen im Ullstein Verlag am 31. Januar 2020, 240 Seiten.