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"Wir kommen zurecht" ist der dritte Roman von Annika Büsing. Sie erzählt darin die Geschichte von Philipp, der an seinem 18. Geburtstag die Schule schwänzt. Plötzlich klingelt es. Vor der Tür steht ein Unbekannter namens Onno. Das verändert sein Leben.

Wenn Philipp seinen 18. Geburtstag auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten müsste – 10 steht für besonders schlimm –, dann würde er vermutlich eine 12 vergeben, mindestens. Oder gar nichts, denn er könnte auf diesen ach-so-wichtigen Tag verzichten, bedeutet er doch: Feiern mit der Familie. Und gleichzeitig kann er sich glücklich schätzen, denn er hat eine Familie. Mehr oder weniger.

Philipp ist zu Fuß unterwegs nach Hause – und bereits nach wenigen Minuten nass wie ein Pudel. Ist ihm aber scheißegal. Wie eigentlich alles. Lustlos kickt er eine leere Dose vor sich her. Vielleicht ist ihm doch nicht alles egal. Seine Oma war lieb wie immer, hat ihm ein Käsebrötchen geschmiert und ihm dann wirklich viel Geld gegeben. Und das Foto von seinem Vater auf dem Motorrad hat ihn auch überrascht: Sein Vater war mal jung!

"Wie ist es möglich, dass Eltern mal genau so jung wie ihre Kinder waren, genauso verliebt und lebenshungrig, genauso unsicher und verletzlich, und dass sie trotzdem, nur ein paar Jahre später, nicht mehr in der Lage sind, die Sprache ihrer Kinder zu sprechen?"
Lydia Herms über "Wir kommen zurecht" von Annika Büsing

Philipp kauft sich eine Flasche Wodka und eine Dose Bier. Dann ruft Lorenz an, Philipps bester Freund, genau genommen auch sein einziger, und noch genauer: der einzige, mit dem sich Philipp ausnahmslos immer wohl fühlt. Lorenz ist noch in der Schule. Philipp sollte da jetzt eigentlich auch sein – mitten in der Klausuren-Phase, kurz vorm Abi. Ist er aber nicht. Das ist zwar nicht ganz legal, aber irgendwie doch entschuldigt. Man wird nur einmal achtzehn, oder?

Zuhause erwartet ihn nur Stella. Philipp weiß schon, dass sein Vater heute später nach Hause kommt, Not-OP. Er ist Chirurg und hatte ihm eine Nachricht geschrieben, knapp wie immer.

Ein Geburtstag mit Wendung

Er muss eingeschlafen sein. Philipp schreckt hoch, als es an der Tür klingelt. Dann fällt ihm wieder alles ein: Er hat Geburtstag. Er schwänzt den Unterricht, Stella kauft irgendwas ein. Sein Vater operiert an irgendeinem Menschen rum. Lorenz kommt erst nach der Schule zu ihm, dafür wäre es jetzt aber noch zu früh. Und er selbst sollte mal langsam an die Haustür gehen.

Diese Szene, in der Philipp verschlafen an die Tür geht, ist vielleicht nicht die spannendste im Roman "Wir kommen zurecht" von Annika Büsing, aber sie ist eine, die sich in ihrer Kürze und Klarheit unendlich weit ausdehnt. Weil es mit ihr Plopp! macht, beim Lesen, im Kopf. Weil sich da was zusammenschiebt, das zusammengehört in der Geschichte. Weil man sofort weiß: jetzt gleich passiert was Gutes, was Superwichtiges für das Weiterleben aller, aber noch hat niemand eine Ahnung davon. Philipp weiß das nicht, die Person, die da draußen steht, weiß das auch nicht. Niemand weiß es.

Vor der Tür steht ein Unbekannter mit Hund

Philipps Familie funktioniert nicht. Mutter, Vater, Kind. Die Mutter ist krank. Der Vater ist hilflos. Nach der Scheidung verschwindet die Mutter spurlos, der Vater verliebt sich neu. Und Philipp, der reißt sich zusammen. Er sehnt sich nach Harmonie, obwohl ihm klar ist, dass die ihn nicht weit bringen wird. Und dann ist er plötzlich achtzehn – und schon so erschöpft vom Leben, als da dieser Mann vor der Tür steht, mit einem Hund an der Leine, und sich als Onno vorstellt und fragt: "Kann ich kurz reinkommen?"

Das ist maximal geheimnisvoll. Wer ist dieser Onno, warum erscheint er unangekündigt mit einem Hund zu Philipps 18. Geburtstag, und was will er mit ihm drinnen bereden? Wie dieser Tag weitergeht, welche Rolle dabei Lorenz spielt und wohin seine Mutter verschwunden ist, das werden wir alles erfahren. Philipp muss nicht länger nur sich selbst vertrauen. Er ist jetzt alt genug, um selbst zu entscheiden, was Familie ist.

Das Buch

Annika Büsing (2025): Wir kommen zurecht. Steidl, 281 Seiten, gebundene Ausgabe (Hardcover): 24 Euro, eBook: 12,99 Euro, Hörbuch-Download: 19,99 Euro oder im Stream, zum Beispiel bei BookBeat, gelesen von Shenja Lacher. Erscheinungstag: 11.03.2025.

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  • Annika Büsing (2025): Wir kommen zurecht. Steidl, 281 Seiten.
Shownotes
Das perfekte Buch für den Moment...
…wenn du anfängst, anderen zu vertrauen
vom 04. Mai 2025
Autorin: 
Lydia Herms