Unklare Symptome und besonders viele weibliche Betroffene: Long Covid zeigt sich als Symptombündel – erste Ansätze zur Therapie versprechen Linderung.

145 Millionen Menschen weltweit sind laut Weltgesundheitsorganisation in den ersten beiden Pandemie-Jahren an Long Covid erkrankt. "In Deutschland rechnet man mit zwei Millionen Betroffenen. Davon geht es um die 15 Prozent auch nach einem Jahr noch nicht besser", sagt der Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth.

Geschlecht als Risiko

Menschen zwischen 20 und 40 Jahren erkranken besonders häufig daran, weibliche Personen ungefähr doppelt so häufig wie männliche.

"Long Covid betrifft inzwischen vor allem Menschen zwischen 20 und 40 und etwa doppelt so häufig Frauen wie Männer."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Konkret beutet Long Covid, dass die Menschen auch drei Monate nach der Covid-Infektion noch von mindestens einer der folgenden Symptomgruppen betroffen gewesen sind:

  • Atemprobleme
  • Konzentrations- und Denkeinschränkungen
  • Erschöpfung mit körperlichen Schmerzen

Speziell die Erschöpfungssymptome haben es in sich. Volkart Wildermuth erklärt, dass eine alltägliche Kleinigkeit – Duschen zum Beispiel – so erschöpfend sein kann, dass die Erledigung einen Erholungsschlaf nötig macht.

"Erschöpfung klingt so alltäglich. Es geht um eine Belastungsintoleranz, bei der Betroffene von eigentlich kleinen Tätigkeiten, so fertig sind, dass sie im Bett bleiben müssen."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Aus den Niederlanden kommt eine besonders aussagekräftige Studie (Stand 10.11.2022). Dort wurde in der Bevölkerung nach Long-Covid-Symptomen gefragt.

Erst Corona, dann Long Covid

Unter den Corona-Infizierten leiden ihrzufolge über 21 Prozent an langanhaltenden Symptomen.

"Wenn man das verrechnet führt SARS-CoV-2 also bei jedem und jeder achten Infizierten solche Long-Covid-Symptome aus."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Die Diagnose ist unscharf und wird üblicherweise durch das Ausschließen anderer Erkrankungen gestellt. "Das Krankheitsbild ist wirklich vielfältig, die WHO hat mal 200 Symptome aufgelistet", sagt Volkart Wildermuth.

Therapieansätze bei einigen Symptomen

Auch deswegen werden Betroffene – insbesondere solche, die chronisch erschöpft sind – häufig nicht ernst genommen, berichtet der Wissenschaftsjournalist. Betroffene sollten sich den Symptomen stellen und aktiv versuchen, diese zu lindern, sagt Volkarth Wildermuth. Drei Beispiele:

  • Wer sich eine Schonamtmung angewöhnt habe, dem kann eine Atemtherapie helfen.
  • Beim Erschöpfungssyndrom lassen sich nach einem Pacing-Konzept die Leistungsgrenzen langsam dehnen.
  • Gegen Brainfog können Ergotherapie und Gehirntraining helfen.

Wirklich langfristig wissenschaftlich evaluiert sind diese Ansätze und bestimmte neuartige Medikamente – Paxlovid zum Beispiel – allerdings noch nicht.

"Noch ist unklar, ob das wirklich hilft, dazu braucht es Studien und die laufen inzwischen auch an. Mit ersten Ergebnissen ist Mitte 2023 zu rechnen."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist
Shownotes
Zahlen und Therapieansätze
Long Covid: Einmal duschen und der Tag ist gelaufen
vom 10. November 2022
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist