Aktuell gibt es mehr als 250.000 unbesetzte Stellen in handwerklichen Berufen. Ein Freiwilliges Handwerkliches Jahr soll junge Menschen möglicherweise bald für handwerkliche Berufe begeistern. Katharina Milde hat sich angeschaut, wie die Motivation dadurch steigen könnte.
Bäcker*innen, Gas- und Wasserinstallateur*innen oder Bootsbauer*innen in vielen handwerklichen Berufen fehlt es an Nachwuchs. In den kommenden Jahren werden viele Besitzer von handwerklichen Betrieben und Fachkräfte in Rente gehen. Und schon jetzt gibt es einen gravierenden Fachkräftemangel und viele unbesetzte Stellen. Seit dem Jahr 2019 gibt es mehr Studienanfänger*innen als Auszubildende.
"Ich fand die Idee ziemlich interessant, etwas Handwerkliches zu machen in der Zeit zwischen Schule und Studium."
Nach dem Schulabschluss haben viele erst mal keine Ahnung, was sie machen wollen. Und: Was sich wirklich hinter einem Beruf verbirgt oder ob dieser überhaupt Spaß macht, wird oftmals erst während der Ausbildung festgestellt.
Der Zentralverband des deutschen Handwerks möchte nun das freiwillige Handwerker-Jahr einführen. Es soll die Hemmschwelle, eine Ausbildung zu machen, senken und neugierig auf handwerkliche Berufe machen.
Freiwilliges Handwerker-Jahr
Im Moment gibt es noch kein Freiwilliges Handwerker-Jahr. Neben dem Bundesfreiwilligendienst gibt es ein Freiwilliges Soziales Jahr, in dem ein Jahr in einem sozialen Beruf gearbeitet wird.
Ein freiwilliges Jahr im Handwerksbetrieb ist derzeit nur über Umwege möglich. Justus Menzel und Jakob Blendermann machen zum Beispiel ein Freiwilliges Soziales Jahr. Ihr Schwerpunkt liegt auf handwerklichen Tätigkeiten: Sie sind für die Instandhaltung des Feuerschiffs "Elbe 1" mitverantwortlich.
"Das beinhaltet vor allem das handwerkliche Arbeiten mit Stahl: flexen, mit der Drahtbürste arbeiten, entrosten und lackieren. Und auch arbeiten mit Holz, wo man dann mal einen Tisch baut oder irgendwas aufhübscht."
Jakob erklärt, dass er zunächst einmal eine 40-Stunden-Woche in einem Beruf ausprobieren wollte. Dadurch kann er sich besser entscheiden, ob es ein Hobby bleibt oder wirklich seine Berufswahl ist. Ihm gefällt, dass er sowohl handwerkliche Tätigkeiten ausführt, als auch mit dem Schiff fährt oder Besucher*innen herumführt.
Hürden eines freiwilligen handwerklichen Jahres
Was sich zunächst plausibel liest, stößt bei handwerklichen Betrieben auf skeptische Ohren. Steffen Röhrs ist Geschäftsführer eines Betriebs für Heizung, Sanitär und Lüftung, er ist nicht überzeugt, dass ein freiwilliges handwerkliches Jahr wirklich zu mehr Auszubildenden führen kann.
Außerdem befürchtet Steffen Röhrs, dass die Motivation und Erfahrung in einem freiwilligen handwerklichen Jahr bei den Anwärter*innen zu niedrig sein könnte. Die Betriebe, die sowieso schon mit Personalnot kämpfen, könnten diese Einführung möglicherweise nicht so auffangen, wie es nötig sei und Spaß für den Beruf vermitteln.
"In einem freiwilligen Jahr sehe ich einfach die Motivation noch anders gelagert als bei jemandem, der schon einen Ausbildungsvertrag hat."
Trotzdem hält er die Idee eines freiwilligen Handwerker-Jahres generell für spannend und gut. Alexander Engelhard, Bundestagsabgeordneter der CSU, der die Debatte um das Freiwilligenjahr mit initiiert hat, sagt, am Ende könnten die Betriebe ihre Freiwilligen nur dann halten, wenn sie das Jahr so gestalten, dass es den jungen Menschen Spaß macht.