Wie konserviert man eine Mumie? Forschende haben erstmals Gefäße aus einer Mumifizierungswerkstatt analysiert und viele Substanzen entdeckt, die bei den alten Ägyptern benutzt wurden - darunter Bienenwachs, Bitumen oder Zedernöl. Das wirft neue Fragen auf.

Die Einbalsamierung von Verstorbenen war Würdenträgern im Alten Ägypten vorbehalten. Es war ein aufwendiger und langwieriger Prozess mit vielen Schritten, der die Toten auf das Leben im Jenseits vorbereiten sollte. Dieser Prozess erscheint einerseits wie ein kunstvolles Handwerk und andererseits wie eine Wissenschaft für sich.

Die Forschung hat es dieser elaborierten Art der Bestattung zu verdanken, dass die sterblichen Überreste altägyptischer Könige über einen Zeitraum von mehreren Jahrtausende gut erhalten blieben und untersucht werden werden konnten.

Gefäße aus der Balsamierungswerkstatt
© Saqqara Saite Tombs Project, Universität Tübingen | M. Abdelghaffar
Gefäße aus der Balsamierungswerkstatt

Ausgrabung führt zu Erkenntnissen aus erster Hand

Allerdings stammte bisher der größte Teil unseres Wissens über die Einbalsamierung aus wenigen überlieferten Texten von griechischen Autoren wie Herodot. Jetzt ist es einem deutsch-ägyptischen Team von Forschenden gelungen, Öl- und Salbengefäße aus der ersten Mumifizierungswerkstatt im ägyptischen Sakkara chemisch zu analysieren.

Das ist die erste Werkstatt dieser Art, die bisher ausgegraben und untersucht wurde. Bei den Gefäßen wurden Nahrungsrückstandsanalysen durchgeführt. Dadurch ist es gelungen, einen viel genaueren Einblick in die Technik der Mumifizierung zu gewinnen.

"Meine Kollegen aus Tübingen haben in Ägypten zum ersten Mal eine Mumifizierungswerkstatt ausgegraben. Und wir haben dann geschaut: Was war denn in den Gefäßen drin."
Philipp W. Stockhammer, Archäologe

Die Zusammenarbeit von Forschenden der Universität Tübingen, der Ludwig-Maximilians-Universität in München und dem National Research Center haben viele neue Erkenntnisse zutage gebracht.

Beschriftungen konnten Analyse zugeordnet werden

Viele der Gefäße, die gefunden wurden, waren mit Inhaltsbezeichnungen und Handlungsaufforderungen beschriftet. Beispielsweise, ob eine Substanz zur Behandlung des Gesichts oder der Leber diente und an welchem Tag sie angewendet werden sollte.

Manche der Bezeichnungen kannte man bereits aus altägyptischen Texten. Es gab bereits Vermutungen darüber, wofür diese Begriffe stehen, aber erst die chemische Analyse hat den Forschenden eine genauere Bestimmung ermöglicht. Dadurch können Texte nun neu gelesen werden, sagt der Archäologe Philipp W. Stockhammer, der an der Untersuchung der Gefäße beteiligt war.

Importierte Substanzen verweisen auf frühe Vernetzung

Die Forschenden haben eine große Vielfalt an pflanzlichen Substanzen gefunden, erklärt der Archäologe Philipp W. Stockhammer. Darunter Bienenwachs, verschiedene Tierfette, Zedernöl, Zypressenöl, aber auch Bitumen gefunden. Bitumen sind bei der schonenden Aufbereitung von Erdölen gewonnene klebrige Kohlenwasserstoff-Gemische, die auch in Naturasphalt enthalten sind. Darunter befanden sich auch "ganz seltsame tropische Harze", sagt Philipp W. Stockhammer.

Eine wichtige Erkenntnis dabei war, dass circa 80 Prozent dieser Substanzen gar nicht aus Ägypten stammten. Diese wurden wohl entweder aus dem tropischen Afrika oder aus Südostasien importiert, wo sie natürlich vorkommen, sagt der Archäologe. Ein Hinweis darauf, wie verschiedene Regionen der Welt bereits damals miteinander vernetzt waren.

"Weil es eine richtige Werkstatt war, haben sie die Gefäße ordentlich beschriftet. Das heißt, da steht drauf: Das ist die Creme für den dritten Tag, das ist die Creme, damit die Haut schöner wird, das bitte nur für den Kopf."
Philipp W. Stockhammer, Archäologe

Damals wurden besondere Gemische und Substanzen mit antibakterieller und anti-mykotischer Funktion genutzt, die es ermöglicht haben, die Haut der Mumifizierten bis in unsere Zeit gut zu konservieren.

Philipp W. Stockhammer sagt, dass es in einem nächsten Schritt nun besonders interessant für das Forschungsteam sei, herauszufinden, ob dieses frühe Wissen aus altägyptischer Zeit auch für die Hautpflege der heutigen Zeit genutzt werden kann. Das will das Forschungsteam mithilfe von Experimenten genauer feststellen, sagt der Archäologe.

Shownotes
Mumien
Neue Erkenntnisse aus altägyptischer Mumifizierungswerkstatt
vom 02. Februar 2023
Moderation: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Philipp W. Stockhammer, Archäologe an der Ludwig-Maximilians-Universität München