Verbotene Pop-Musik? Das klingt erstmal exotisch. Außerhalb von Europa haben Musikerinnen und Musiker schnell damit zu tun – und nicht nur dort, sagt der norwegische Sänger Moddi.

Der norwegische Musiker Moddi hat sich auf die Suche nach verbotenen Liedern gemacht – in der ganzen Welt und quer durch alle Zeiten. Der Grund für ihn war, dass er nach einer Einladung nach Israel erleben musste, wie sich die Fronten des Nahostkonflikts auf sein eigenes Musikerleben auswirkten. Also hat er Songs aus fünf Kontinenten zusammengetragen und Musiker und Zeitzeugen besucht, um die Lieder mit ihnen zusammen oder mit seiner Band aufzunehmen.

"Ich fuhr nach Vietnam, Chile, in den Libanon, nach Israel, Russland, die USA und England, um nicht nur Songs zu finden, sondern auch um zu verstehen, wie ein Song eigentlich zensiert werden kann."
Moddi über seine weltweite Suche nach zensierter Musik

Als Ergebnis dieser Reise veröffentlichte Pål Moddi Knutsen, das ist sein vollständiger Name, im Jahr 2016 das Album "Unsongs". Darauf hat er zeitweise verbotene Klassiker wie "Strange Fruit" von Billie Holiday und "Army Dreamers" von Kate Bush zusammengestellt. Auch ein samisches Volkslied und das "Punk Gebet" von Pussy Riot sind dort zu hören.

BBC-Zensur in den 1990er Jahren

Das Verbot hat bei manchen Songs erst zu einer Steigerung ihrer Bekanntheit geführt. Das sei bei Kate Bushs "Army Dreamers" der Fall. Er wurde während des Zweiten Golfkriegs 1991 von der BBC nicht mehr gespielt, genauso wie weitere 66 Lieder auch. Darunter "In the Air Tonight", "Rock the Kasbah" und "Imagine" von John Lennon.

Moddi sagt, "Army Dreamers" handele von einem Soldaten, der sein Leben verliert. Es gehe nicht um Krieg und behandele definitiv nicht den Golfkrieg. Tatsächlich ist "Army Dreames" 1980 veröffentlicht worden. "Army Dreamers" ist für ihn immer noch einer der bekanntesten Songs, die Kate Bush geschrieben hat.

"Die BBC ist einer der größten Zensoren, die ich gefunden habe. Zusammen mit 'Army Dreamers' haben sie während des Krieges im Irak 66 andere Lieder verboten."
Moddi über die Musikzensur bei der BBC in den 1990er Jahren

Im März 2019 hat Moddi auch ein Buch zu dem Projekt veröffentlicht. Diese Arbeit mit verbotener und zensierter Musik hat ihn vier, fünf Jahre seines Lebens begleitet, sagt er. In Vietnam hat er Viêt Khang getroffen – ein modernes Beispiel für zensierte Musik. Dessen Song "Where is my Vietnam?" (2011) hat ihn für drei Jahre ins Gefängnis gebracht. Für weitere vier Jahre stand er unter Hausarrest. In dieser Zeit hat Moddi ihn besucht.

Víctor Jara – Musik als Motiv

Moddi erinnert an den Chilenen Víctor Jara – er wurde zu einer Ikone der Arbeiterbewegung. Der Volkssänger wurde 1973 während des Militärputsches von Soldaten umgebracht, auch wegen des Liedes "Plegaria a un Labrador".

Die verbotenen Lieder und Stationen von Moddis Reise:

  • Norwegen/Israel – Birgitte Grimstad, "Eli Geva" (1982)
  • Chile – Víctor Jara, "Our Worker" (1971)
  • Mexiko – Los Tucanes de Tijuana, "Parrot, Goat and Rooster" (1995)
  • Sápmi/Norwegen – "The Shaman and the Thief" (ca. 1830)
  • Libanon – Marcel Khalife / Mahmoud Darwish, "Oh My Father, I am Joseph" (1999)
  • Israel – Izhar Ashdot, "A Matter of Habit" (2012)
  • England – Kate Bush, "Army Dreamers" (1980)
  • Russland – Pussy Riot, "Punk Prayer" (2012)
  • USA – Billie Holiday, "Strange Fruit" (1939)

Wenn ihr mehr über Moddis Recherche zu zensierten Songs erfahren wollt, auch über seine Erfahrungen mit den russischen Zensurbehören und mit Selbstzensur, klickt oben auf den Play-Button und hört euch das gesamte Audio an.

Shownotes
Pop und Zensur
Sänger Moddi: "Ich singe, fast was ich will"
vom 04. Oktober 2020
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Moddi, norwegischer Sänger und Musiker