Das englische Start-up-Unternehmen Score Assured hat eine ziemlich spezielle Geschäftsidee: Es will potenziellen Arbeitgebern, Vermietern & Co. Zugriff auf eure Social-Media-Accounts geben.
Wenn ihr vielleicht gerade versucht, in Berlin, München oder Köln eine Wohnung zu mieten, die so einigermaßen nett geschnitten ist, so einigermaßen gut liegt und vor allem so einigermaßen bezahlbar ist - dann wisst ihr: Da habt ihr sehr, sehr viele Mitbewerber. Die sich alle als völlig solvent, ruhig und pflegeleicht präsentieren. Dass ihr einen Fragebogen ausfüllen müsst, mit Genehmigung zur Schufa-Anfrage, das ist ja schon normal.
Wie weit würdet ihr gehen? Ziemlich weit, glaubt das englische Start-up Score Assured. Und bietet euch an, eure Chancen auf dem Markt zu erhöhen, indem ihr einer Firma oder einem potenziellen Vermieter Einblick in eure digitale Privatsphäre gewährt.
"Die Firma fordert einen auf, ihr die Zugänge zu so vielen eigenen Social-Media-Accounts wie möglich zu geben."
- "Tenant Assured": Selbstauskunft für Mieter oder Vermieter
- "Recruit Assured“: für die Bewerberauswahl bei Jobs
Es geht nicht nur um ein Durchforsten der öffentlich auffindbaren Web-Informationen über eine Person, sondern auch um die privaten Bereiche und privaten Messages bei Facebook, Instagram, Twitter & Co.
Privatsphären-Scanner
Die Software, der Algorithmus, scannt dann die Accounts durch - alle Postings, alle Messages, Unterhaltungen und Statusangaben, analysiert das per Texterkennung und erstellt ein Profil.
- meine Aussagen zum Arbeitgeber
- meine Konsumgewohnheiten
- mein Ausgehverhalten am Wochenende
- Habe ich schon mal was von einer Schwangerschaft erwähnt?
- Oder von Haustieren?
"Die Software erstellt sogar ein Persönlichkeitsprofil und destilliert aus meinen Postings heraus, in welche der Big Five der Psychologie ich einzuordnen bin."
Die Big Five der Psychologie lauten:
- Neurotizismus
- Extraversion
- Offenheit für Erfahrungen
- Gewissenhaftigkeit
- Verträglichkeit
Am Schluss bekommt dann der Vermieter oder potenzielle Arbeitgeber diesen Profilbogen und kann dann seine Schlüsse ziehen oder seine Auswahl treffen.
Wie kommt das an?
Im Netz gab es natürlich heftigen Gegenwind gegen das Vorhaben, die Privatsphäre auf diese Weise auszuschlachten. Wer ein normales Leben führen würde, habe "absolut nichts zu befürchten", hat der Score Assured-Chef der Washington Post gesagt.
"Der Gründer geht davon aus, dass schon genug Leute bereit sein werden, ihre Privatsphäre für den erhofften Gegenwert preiszugeben."
Befürworter sagen: Die Teilnahme ist freiwillig. Und das sogenannte Social Scoring, also das Abscannen von frei zugänglichen Webquellen nach bonitätsrelevanten Infos, sei mittlerweile völlig geläufig und passiert teilweise auch ohne das Wissen der Betroffenen. Hier in Deutschland gibt es etwa das Unternehmen Kreditech, das so etwas macht. Und vor vier Jahren hatte auch die Schufa über eine Auswertung von Facebook-Profilen nachgedacht. Das ist damals nach einem medialen Aufschrei begraben worden.