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Nachts viel Platz im Bett, mehr Zeit für Freunde, nur machen, worauf man selber Bock hat: Single sein hat Vorteile. Hannah beispielsweise ist total fein mit ihrem Singleleben. Andere feiern es sogar total. Die Soziologin Laura Wiesböck erklärt, welchen Einfluss Dating-Apps auf diese Einstellung haben.

#singlebychoice oder #boysober: Kein Bock mehr auf Dating ist zurzeit ein großes Thema auf Social Media. Vor allem unter jungen Frauen. Sie erzählen zum Beispiel auf Tiktok, dass sie keine Lust mehr aufs Daten haben und wie sie ihr Leben als selbstbewusste Single-Frau genießen. Hannah ist 28, Künstlerin, lebt in Berlin und ist seit gut einem Jahr Single – und glücklich damit.

"Also ich finde, mein persönliches Glück hängt jetzt nicht unbedingt davon ab, ob ich gerade in einer Beziehung bin oder nicht."
Hannah Müller-Hillebrand, Content Creator und Künstlerin aus Berlin

Hannah sagt, sie ist gern in Beziehungen. Sie hat aber gemerkt, dass sie sich noch nicht die Zeit gegeben hat, sich selber kennenzulernen und herauszufinden, was sie eigentlich will: "Für mich persönlich habe ich gemerkt, dass es durch die Beziehung schwerer gefallen ist, wirklich in mich reinzuhören. Weil man immer zu zweit ist. Und mir ist es so ein bisschen schwer gefallen, mein eigenen Weg zu finden." Das letzte Jahr als Single hat ihr aber dabei geholfen.

"Ich glaube, dass die meisten Frauen oder Mädchen ja mit diesem Bild aufwachsen, dass du irgendwann deinen Prinzen finden musst."
Hannah Müller-Hillebrand, Content Creator und Künstlerin aus Berlin

Idealvorstellung: Suche nach Mr. oder Mrs. Right

Für viele ist die Suche nach dem einen Partner oder der einen Partnerin das Ziel im Leben. Auch für Hannah war das zeitweise so. Sie hat das auch gar nicht hinterfragt: "Ich würde mir wünschen, dass jeder mal den Moment hat, sich selbst zu fragen, ob dieser Wunsch wirklich aus einem selber kommt oder ob das anerzogen ist oder von der Gesellschaft auf einen gestülpt wird."

Hannah ist bisexuell. Auch deshalb wollte sie sich Raum geben und schauen, ob es auch noch andere Versionen gibt, wie ihr Leben verlaufen kann – und ob es wirklich die monogame Partnerschaft ist.

"Ich sage nicht, ich will gar nichts Festes. Aber ich muss jetzt auch nicht immer denken, diese Person, mit der werde ich mein Leben lang zusammen sein."
Hannah Müller-Hillebrand, Content Creator und Künstlerin aus Berlin

Hannah sagt, sie geht mit dem Thema Beziehung einfach entspannter um als früher: "Ich lerne super gerne Leute kennen. Und dann wird sich das herauskristallisieren, in welche Richtung sich das bewegt, ohne das vorher schon planen zu müssen."

Keine Beziehung, aber daten geht klar

Deshalb datet Hannah auch weiterhin gerne und ist keine #boysober-Anhängerin. Es gibt da im Netz zum Beispiel Empfehlungen, mal ein Jahr gar nicht zu daten. Für Hannah nicht vorstellbar: "Ich mag es einfach nicht, mir Sachen zu verbieten. Und ich finde, Daten ist ja so was Schönes. Vor allem auf Apps lernt man ja dann manchmal Menschen kennen, mit denen man im realen Leben so gar keine Überschneidungspunkte hat."

Und auch wenn Hannah zurzeit rundum zufrieden ist: Sie weiß auch, dass sie nicht für den Rest ihres Lebens single sein möchte: "Also ich bin schon jemand, der gerne in Gesellschaft ist."

"Wenn ich jemanden kennenlerne, wo ich merke, dass das passt, dann ist es ein wunderschönes Add-on. Aber nichts, was ich unbedingt jetzt brauche, um glücklich zu sein."
Hannah Müller-Hillebrand, Content Creator und Künstlerin aus Berlin

Prinzipiell findet Hannah, man sollte sich selbst als wertvoll ansehen: "Ich glaube, dass vor allem bei Frauen sehr oft dieser Glaubenssatz tief drinsteckt, dass man nur mit einem Partner vollkommen ist und dass die Frau irgendwann eine Familie gründen muss. Man sollte sich von diesen ganzen Erwartungshaltungen lösen und sagen: Ich bin ich."

Auch die Soziologin Laura Wiesböck hält das für wichtig. Häufig ist es in unserer Gesellschafft aber so, dass Singles bemitleidet werden und das Single-Dasein nur als Zwischenphase gesehen wird: "Besonders Frauen in patriarchalen Gesellschaften wird gesagt, dass sie sich auf die Suche nach männlicher Anerkennung machen und sich der Fürsorge anderer widmen sollen, also der Partnerschaft, den Kindern."

Alleinsein hat für Frauen viele Vorteile

Der Soziologin zufolge wird es sehr schnell als egoistisch oder karriereorientiert angesehen, wenn sie stärker auf die eigenen Bedürfnisse schauen. Diese Haltung sei vor allem bei konservativen oder rechtspopulistischen Gruppen zu beobachten, die ein großes Interesse daran haben, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aufrechtzuerhalten.

Häufig heißt es auch, Single-Frauen sind einsam. Laura Wiesböck erklärt, dass dass Alleinsein für Frauen aber besonders viele Vorteile hat: "Sie können sich auf ihre persönliche und berufliche Entwicklung konzentrieren. Sie können das eigene soziale Leben pflegen. Wir wissen, dass Frauen ohne heterosexuelle Paarbeziehung ein sehr viel dichteres und intensiveres soziales Umfeld haben, stärkere Freundschaften, stärkere familiäre Bindungen." Alleinsein und Einsamkeit sei deshalb nicht gleichzusetzen.

Männer profitieren mehr von heterosexuellen Beziehungen

Laut der Soziologin gibt es verschiedene Studien, die zeigen, dass Männer mehr von heterosexuellen Paarbeziehungen profitieren als Frauen: "Da geht es zum Beispiel um emotionale Arbeit. Wenn es um Familie geht oder Kinder, übernehmen Frauen viel mehr die unbezahlten Leistungen."

"Aber wir sehen auch in anderen Bereichen, dass eine Paarbeziehung Männer gesünder macht. Die Lebenserwartung steigt zum Beispiel. Für Frauen hat das eher nachteilige Effekte."
Laura Wiesböck, Soziologin

Laura Wiesböck stellt fest, dass sich Frauen zunehmend der traditionell vorgesehenen Geschlechterrolle verweigern und sich mehr auf sich selbst konzentrieren anstatt auf Männer.

Und auch die Dating-Apps seien nicht mehr so erfolgreich: "Frauen haben viel häufiger Sicherheitsbedenken. Sie haben viel mehr Erfahrung mit respektlosem oder aggressivem Verhalten. Und insofern macht es für viele jüngere Frauen Sinn, die freibleibende Lebenszeit eher auf Dinge zu fokussieren, von denen man weiß, dass sie einem gut tun, wie etwa Freundschaften."

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Shownotes
Single und happy
Wenn wir ohne Beziehung zufriedener sind
vom 03. Juli 2024
Moderatorin: 
Caro Nieder
Gesprächspartnerin: 
Hannah Müller-Hillebrand, Content Creator und Künstlerin aus Berlin
Gesprächspartnerin: 
Laura Wiesböck, Soziologin