Eine eigene Regierung, ein freies Land - und das in schwimmenden Städten auf dem Meer: Das Seasteading Institute aus San Francisco will das ermöglichen - und ist seinem Ziel jetzt einen Schritt näher gekommen: Die Organisation hat ein Abkommen mit Französisch-Polynesien im Pazifik geschlossen.
Noch gibt es die schwimmenden Städte nicht. In dem Abkommen steht erst mal drin, dass die Beteiligten zusammen einen Leitfaden, ein "governing framework" für die schwimmenden Städte ausarbeiten wollen. Dafür muss das Seasteading Institute Französisch-Polynesien aber erstmal nachweisen, dass das Projekt die Umwelt nicht schädigen würde - und dass es der Wirtschaft von Französisch-Polynesien helfen würde.
Bisher nur eine Computer-Vision
Ob, wann und wie genau diese Zukunftsvision umgesetzt wird, ist noch ziemlich offen. Es sollen Module werden, Plattformen, schreibt das Seasteading-Institute auf seiner Webseite. Eine Idee sind Quadrate von 50 mal 50 Metern. Oder aber Fünfecke. Untendrunter ein hohler Kasten aus Beton.
"Die Städte sollen im Idealfall mobil sein, so dass sie sich flexibel verbinden und wieder trennen können, wie sie wollen."
Eines der flexiblen Quadrate oder Fünfecke soll - Stand jetzt - etwa 15 Millionen Dollar kosten. Etwa elf dieser Module sollen jeweils zusammengefasst werden. Dort können dann etwa 200 bis 300 Bewohner leben.
Eine ziemlich kleine Stadt
Ein Teil der Fläche soll begrünt werden - oder zumindest nicht bebaut. Die Häuser wären wahrscheinlich dreistöckig, so wie in den Niederlanden, da gibt es etwas Vergleichbares schon.
"Das Seasteading-Institut will die schwimmenden Städte nicht selbst bauen - eine niederländische Firma soll das machen."
Später sollen auch andere Unternehmen dazukommen. Das Seasteading-Institut will aber nur den Rahmen schaffen, damit das möglich ist.
Politische oder finanzielle Gründe?
Das Seasteading-Institut sagt, sie trieben das Ganze aus politischen Gründen voran. Sie wollen neue "Stadt-Staaten", die nach eigenen Regeln spielen: eigene Start-up-Regierungen, die ihre Städte selbst verwalten. Deshalb sollte das Projekt eigentlich auch in Internationalen Gewässern starten - dort hat kein Staat die alleinige Macht.
Der Geschäftsführer des Seasteading-Institute ist aber inzwischen zurückgerudert: Ganz so radikal soll es in Französisch-Polynesien jetzt erst mal nicht werden.
Utopie als Steuerparadies?
Das Projekt wird jetzt doch erst mal an einen Staat angedockt. Der Grund: In den Gewässern an der Küste könne man billiger bauen als auf dem offenen Meer. Und für die Bewohner sei es einfacher, mal eben zum Festland zu reisen, so die Organisation.
"Die Macher beim Seasteading Institute sind keine Hippies, sondern eher das Gegenteil: Wirtschaftsliberale."
Einer der Investoren, der das Institut von Anfang an unterstützt, ist zum Beispiel Peter Thiel, der Milliardär, der PayPal gegründet hat.
"Kritiker aus Tahiti sagen: Da kommen reiche Amis, die auf ihrer schwimmenden Stadt Steuerflucht begehen wollen. Uns bringt diese Utopie gar nichts."
Ob das Projekt wirklich realistisch ist, wird sich noch zeigen müssen, meint Anna Kohn. Technisch sei das zwar vorstellbar. Aber an der Umsetzbarkeit des Gesamtprojekts hat sie noch Zweifel. Ihr scheinen vor allem wirtschaftliche Interessen im Vordergrund zu stehen.