Ständige Anrufe, Beobachtungen und Auflauern - Stalking ist oft quälend.
Dabei ist es kein Randphänomen: Untersuchungen zeigen, dass 11 Prozent
der deutschen Bevölkerung Stalking bereits selbst erlebt haben.
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) plant nun einen neuen
Gesetzesentwurf, der die Hürden für die Erfüllung des Tatbestands
deutlich herabsenkt. So sollen mehr Fälle überhaupt vor Gericht landen
und Täterinnen und Täter verurteilt werden. Denn bisher ist die
Gesetzeslage schwammig.
Viele Anrufe, Kontaktversuche, der Versuch, Nähe zu erzwingen - in einer solchen Situation waren wir vielleicht selbst schon einmal, zum Beispiel nach einer Trennung. Die Abgrenzung von solchen Fällen zum justiziablen Stalking ist ein großes Problem bei der strafrechtlichen Verfolgung. Im Gesetz heißt es bisher, dass ein beharrliches Täterverhalten vorliegen und es schwerwiegende Eingriffe in das Leben der Betroffenen geben muss. Das möchte die Justizministerin nun umformulieren.
"Im neuen Gesetzesentwurf soll es dann heißen: 'wiederholtes' Täterverhalten und 'nicht unerhebliche' Eingriffe in das Leben der Betroffenen."
Ob es sich um Stalking handelt oder nicht, wird in jedem einzelnen Fall geprüft: Also gibt es hier schwerwiegende Eingriffe in das Leben der Betroffenen? Lässt jemand nicht locker, gibt es ein "beharrliches Täterverhalten"? Doch was genau darunter zu verstehen ist, das regelt das Gesetz nicht, sagt Klaus Jansen aus unserer Nachrichtenredaktion. Aus diesem Grund landen viele Fälle erst gar nicht vor Gericht.
Verschärftes Gesetz vorgesehen
Auch bislang konnten Täterinnen und Täter bei einer Verurteilung ins Gefängnis kommen - für bis zu drei Jahren. Möglich ist auch eine Geldstrafe. Der neue Gesetzesentwurf soll um eine Regelung für besonders schwere Fälle von Stalking ergänzt werden, also etwa, wenn das Opfer verletzt wird oder das Stalking besonders lange anhält, erklärt Klaus Jansen. Dann sollen bis zu fünf Jahre Haft möglich sein.
Berücksichtigen will das neue Gesetz außerdem auch die Fälle von digitalem Stalking. Wer im Netz diffamiert oder belästigt wird, soll also auch besser geschützt werden. Das war bisher nicht explizit geregelt.
"Im Jahr 2017 wurde das Gesetz bereits geändert. Ein Bericht sollte feststellen, ob die Gesetzesänderung etwas gebracht hat. Das Ergebnis: Nein, so reicht es noch nicht."
2017 gab es bereits eine Gesetzesänderung. Daraufhin hat das Justizministerium einen Evaluierungsbericht angestrengt, und festgestellt, dass auch das aktualisierte Strafmaß noch nicht ausreicht.
Kritik an Formulierungsänderungen
Allerdings gibt es zum Vorhaben der erneuten Gesetzesänderung auch kritische Stimmen, berichtet Klaus Jansen. So etwa die Hamburger Rechtsanwältin Gül Pinar. Sie meint: Die Änderung von "beharrlich" in "wiederholt" sei ebenso unbestimmt. Außerdem glaubt sie, dass es so noch schwieriger werden dürfte, Stalking von Alltagsverhalten abzugrenzen.
Die Organisation Weisser Ring schlägt deswegen eine deutliche Konkretisierung vor und sagt: fünf Vorkommnisse anstatt "wiederholtes" Täterverhalten. Aber die Organisation sagt auch, der neue Gesetzesentwurf sei in jedem Fall eine Verbesserung.
Was Betroffene tun können
Bisher schützt das Gewaltschutzgesetz oft wirksamer als der in Frage stehende §238 BGB, berichtet Klaus Jansen. Betroffene können sich meist sehr viel schneller dadurch schützen, denn ein Gerichtsverfahren kann jahrelang andauern. Durch das Gewaltschutzgesetz können Amtsgerichte sofort ein Kontaktverbot verhängen. Dafür reicht es bereits aus, wenn ein Opfer eine Belästigung glaubhaft darlegen kann.
Justine Glaz Ocik ist Kriminalpsychologin und begleitet Betroffene von Stalking auch im Verfahren. Wichtig sei vor allem, die Person darin zu unterstützen, sich mit dem Stalking auseinanderzusetzen und im Verfahren selbst zu stabilisieren. Denn die ständige Konfrontation mit dem, was geschehen ist, sei für viele belastend.
Verpflichtende Angebote für Täterinnen und Täter
Die Psychologin betont im Gespräch: Es reicht nicht, sich nur um eine Seite zu kümmern. Denn eine Person, die stalkt, sei selbst niemals eine glückliche Person. Deswegen ist es ihr Wunsch, dass Angebote zur Unterstützung auch für die andere Seite verpflichtend werden. Denn auch hier sei Stabilisierung notwendig.
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