Was der Chef für ein Problem mit Marie (Name geändert) hat, kann sie nicht genau sagen. Es sei die Häufung vieler kleiner, vor allem am Anfang kaum greifbarer Degradierungen. Typisches Beispiel: "Für die Präsentation, die du da gemacht hast, brauche ich niemanden einzustellen", so die Referentin eines großen Unternehmens.

"Es fing an mit vielen kleinen Degradierungen, die ich am Anfang gar nicht so richtig greifen konnte."
Marie, hat große Probleme mit ihrem Chef

Beim Thema Gehaltsanpassung hätte sich die Situation dann zugespitzt. Hier seien Sätze gefallen wie: "Wenn ich Freude bei der Arbeit hätte, dann würde ihm das nichts bringen", erzählt Marie. Auch habe er ihr eine unprofessionelle Zusammenarbeit vorgeworfen.

Wenn Vorgesetzte nach unten treten

Marie wollte von ihm wissen, wo genau denn das Problem liege – und wie sie die Zusammenarbeit verbessern könnten. Es sei eher etwas Privates, so seine ausweichende, wenig konkrete Antwort. Marie glaubt, dass der Chef unter anderem Schwierigkeiten mit ihr als junger emanzipierter Frau haben könnte.

"Ich bin dann zum Betriebsrat gegangen. Die waren total geschockt und meinten, ich solle das publik machen und eine offizielle Beschwerde einreichen."
Marie

Vor anderen Mitarbeitenden oder höher gestellten Personen habe sich ihr Chef in ihrem Beisein stets normal verhalten. Unter vier Augen hätten die Degradierungen aber immer weiter zugenommen. Schließlich ist Marie zum Betriebsrat gegangen. Dieser sei ziemlich geschockt gewesen von ihren Berichten, erzählt sie, und habe ihr geraten, eine offizielle Beschwerde einzureichen.

Gespräche mit anderen Menschen helfen

Der Job an sich habe Marie total Spaß gemacht, doch die vergiftete Situation mit dem Chef habe ihr die Freude genommen. Sein manipulatives Verhalten habe ihr zwischendurch auch das Gefühl gegeben, selbst das Problem zu sein.

Um solche Gedanken zu vermeiden und eine klarere Sicht zu bekommen, rät Marie anderen Betroffenen, unbedingt das Gespräch mit anderen Menschen zu suchen – mit Freund*innen, Kolleg*innen oder eben auch dem Betriebsrat.

"Schlussendlich musste ich mich dann auch krankmelden. Das war tatsächlich auch ein Hinweis vom Betriebsrat, der mir geraten hat, mich aus der Situation rauszunehmen."
Marie

Inzwischen ist Marie – auch auf Anraten des Betriebsrats – krankgeschrieben. Erst in der Ruhe habe sie gemerkt, wie stark sie die Situation belastet habe und wie wütend sie sei. Wahrscheinlich werde es darauf hinauslaufen, dass sie die Abteilung wechseln oder das Unternehmen ganz verlassen wird.

Bei dauerhaftem Konflikt selbst aktiv werden

Probleme im Job und mit den Vorgesetzten habe oft mit dem Gefühl mangelnder Wertschätzung zu tun, sagt Judith Bayer, die als Business- und Karrierecoach arbeitet. Wer regelmäßig ein ungutes Gefühl mit sich herumschleppe, solle einerseits versuchen, sich selbst zu reflektieren – und andererseits, vielleicht auch ein bisschen Empathie aufzubringen.

"Ich kann auch mal versuchen, in die Fußstapfen von einem Chef reinzustampfen und zu gucken: Was hat der denn eigentlich den ganzen Tag so auf dem Teller."
Judith Bayer, Business- und Karrierecoach

Das bedeutet zum Beispiel, seine eigene Einstellung zu hinterfragen. Aber auch zu versuchen, den Blickwinkel der Chefin oder des Chefs einzunehmen und zu gucken, was sie denn so den ganzen Tag für Aufgaben haben, sagt Judith Bayer.

Es sei auch ein Unterschied, ob die Vorgesetzten nur ab und an ihre Launen an einem auslassen oder ob das Thema zur Dauerbelastung werde und Bauchschmerzen verursache. "Wenn es wirklich ein richtiger Konflikt ist, dann würde ich mir auch Hilfe suchen", so Judith Bayer. Das könne – da ist sie ganz bei Marie – der Austausch mit Kolleg*innen sein, aber auch ein Gespräch mit dem Betriebsrat.

"Wenn sich was ändern soll, dann muss ich aktiv was dafür tun. Dann kann ich nicht warten, dass die Veränderung von außen kommt. Sie wird nicht kommen."
Judith Bayer, Business- und Karrierecoach

Arbeitszeit sei Lebenszeit. Wenn sich wirklich etwas ändern soll, bedeute das, selbst aktiv zu werden, sonst werde es keine Veränderung geben. In letzter Konsequenz könne das auch die Kündigung sein.

Wer seinen Job sonst aber gerne mag, sollte ein Gespräch mit den Vorgesetzten zumindest suchen. Chefinnen und Chefs wissen oftmals nicht, wie sie wirken und sind sich über ihr Verhalten gar nicht so wirklich bewusst, sagt Judith Bayer.

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Shownotes
Stress im Job
Wenn wir Probleme mit Vorgesetzten haben
vom 25. März 2024
Moderatorin: 
Caro Nieder
Gesprächspartnerin: 
Marie, Referentin eines großen Unternehmens, die Probleme mit ihrem Vorgesetzten hat
Gesprächspartnerin: 
Judith Bayer, Business- und Karrierecoach
  • Marie, mag ihren Job, aber nicht ihren Vorgesetzten
  • Karriere-Coach Judith Bayer gibt Tipps für Konflikte mit Vorgesetzten