Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) will zurück zur Normalität und die Corona-Einschränkungen am 6. Juni aufheben. Der Ministerpräsident will dabei mehr auf die Eigenverantwortung der Bürger setzen, sagte er uns im Interview.
"Nach wie vor ist Sars-CoV-2 gefährlich und nach wie vor haben wir es mit einer Infektionsgefahr zu tun, die wir auch weiterhin bekämpfen werden", sagt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow im Interview mit Deutschlandfunk-Nova-Moderator Ralph Günther. In Thüringen gehe man nur raus aus den allgemeinen Verordnungen, die im Kern Notstandsverordnungen seien.
Kontrollen seien vielerorts nicht angebracht
Man wolle die Infektionen konkret bekämpfen, ohne eine generelle Angst zu verbreiten, so Ramelow. In Regionen, wo es überhaupt kein Infektionsgeschehen gebe, sei es nicht richtig, dass die Polizei in einer Fußgängerzone kontrolliere und Menschen befrage, ob sie zu zwei oder zu drei Haushalten gehörten. Der Ministerpräsident Thüringens sagt, er wolle die Infektionen mit Vernunft und nicht mit Angst bekämpfen.
Zweimal hintereinander habe es relevante Corona-Asubrüche in zwei Krankenhäusern gegeben, die zu einer bayerisch-thüringischen Krankenhausgesellschaft gehören. Bodo Ramelow wirft den Betreibern vor, dass sie Probleme mit den Hygiene-Konzepten hätten, dass diese Hygieneregeln allerdings bereits vor der Corona-Pandemie gegolten hätten.
"Wenn mir ein Konzertbetreiber sagt, wie er das durchführen will, ohne, dass es ein neues Risiko an Ansteckung gibt, dann wollen wir das auch ermöglichen."
In Bezug auf Clubs sei es noch schwierig zur Normalität zurückzukehren, sagt Ramelow, aber die Domstufen Festspiele – ein Open-Air-Festival in Erfurt – könne durchaus in veränderter Form stattfinden. Abstands- und Hygieneregeln seien dabei aber maßgeblich, so der Politiker.
Auch für Kinos sehe er – im Zusammenhang mit Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen – Möglichkeiten, wieder Vorstellungen zu geben.
"Die Menschen haben eine Sehnsucht danach, dass Normalität stattfindet. Und ich muss den Menschen immer sagen, dass die Normalität nicht die gleiche sein wird, die wir vor dem 12. März hatten."
Der Lockdown war richtig
Bodo Ramelow weist darauf hin, dass 2012 das Szenario eines Virus-Ausbruchs in einer Drucksache des Deutschen Bundestages gestanden habe. Seitdem habe es jedoch keine Vorbereitungen auf ein solches Szenario gegeben. "Jetzt haben wir den Lockdown betreiben müssen. Und es war gut, dass wir ihn betrieben haben." Denn die Infektionszahlen seien dadurch unterbrochen worden. Das wäre anders nicht möglich gewesen.
"Wir sollten uns nicht nur vor Computerviren schützen, wir sollten endlich lernen, die Menschen vor Viren zu schützen."
Ramelow sagt in Deutschlandfunk Nova, er finde es gut, dass Deutschland sich auf die Infektionswelle vorbereitet und die Zahl der Intensivbetten hochgefahren habe. Jetzt allerdings sei es an der Zeit, die Situation neu zu bewerten: "Wir haben 1051 intensivmedizinische Betten, aber wir haben nicht einmal 30 Patienten, die mit Sars-CoV-2 hospitalisiert sind." Nur noch zwölf Patienten würden aktuell beatmet.
Diese Zahlen seien ihm eine Freude, so Ramelow, allerdings entsprächen sie nicht dem Szenario, dass zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland dargestellt worden sei. Im März sei die Rede von 60.000 Schwersterkrankten gewesen.
Er sei froh, dass die im März entworfenen Szenarien nicht eingetreten seien, aber er sehe nun auch keinen Sinn darin, permanent das Ordnungsamt und die Polizei einzusetzen, um die Bevölkerung zu kontrollieren.
Wichtig sei es jetzt, noch mehr Menschen auf das Coronavirus zu testen und ein besseres Wissen über das Virus und die Dunkelziffer zu generieren. Bodo Ramelow sagt: "Das wird nicht das letzte Virus sein, das uns ereilt."
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