Die türkische Regierung hat die Kontrolle der sozialen Netzwerke weiter verschärft. Seit wenigen Tagen gilt eine neue Stufe: Jetzt ist auch der Zugang zum Browser "Tor" nicht mehr möglich.
Der Mord an dem russischen Botschafter in der Türkei Anfang der Woche hat erneut deutlich gemacht, wie angespannt die Lage in der Türkei ist. Die türkische Führung sieht sich in einem Krieg gegen den Terrorismus. Dieser Krieg wird in den Kurdengebieten mit Waffengewalt geführt, findet aber auch im Netz statt.
Krieg im Netz
Es geht vor allem um den in der Türkei beliebten Tor-Browser. Er kommt immer dann zum Einsatz, wenn im Land mal wieder der Zugang zu Facebook, Twitter oder auch Dropbox gesperrt ist, weil er den Zugang zu diesen Diensten ermöglicht. Der Tor-Browser kann nun aber nicht mehr genutzt werden, berichtet das Projekt Turkey Blocks.
Seit Anfang des Monats drängt die Führung die Internet-Service-Provider, den Zugang zum Tor-Netzwerk genauso zu sperren wie VPN-Angebote, also virtuelle private Netzwerke. Damit werden nun Schritt für Schritt die Möglichkeiten geschlossen, Sperren sozialer Netzwerke umgehen zu können.
"Ganz konkret werden diese Verbindungen vom Staat gestört, so dass es immer wieder zu Verbindungsabbrüchen kommt."
Der türkische Staat macht schon lange Gebrauch von Internet-Sperren. Das haben wir bei den Gezi-Protesten gesehen und regelmäßig auch danach. Bislang war das aber eher moderat. Twitter oder Facebook wurden mal kurz gesperrt, doch dann auch wieder freigegeben. Außerdem gab es immer Umgehungsmöglichkeiten.
Sperre umgehen?
Genau die gibt es in Zukunft aber nicht mehr. Die Zensur, so schreibt Turkey Block, ändere sich damit von moderat auf scharf. Die Zensur lasse sich nun mit Chinas Großer Firewall vergleichen, schreibt t3n. Das bedeutet: Die Türkei lebt internettechnisch unter einer Glocke.
"Es gibt immer denkbare Möglichkeit, wie man Netzsperren umgehen kann. Aber in China und nun auch in der Türkei ist das für den Otto-Normal-User kaum noch zu schaffen."
Der türkische Staat hat technisch massiv aufgerüstet und verwendet die sogenannte "Deep Packet Inspection", um solche Tor- oder VPN-Verbindungen zu identifizieren. Wenn nun also auch die Schlupflöcher geschlossen werden, dann ändert sich wohl in der Folge auch die Internetnutzung.
"Die User sehen nur noch das, was die Regierung akzeptiert."
Es handelt sich also um einen weiteren massiven Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit, um die es ja ohnehin nicht mehr zum Besten bestellt ist, seit die Medien fast vollständig auf Regierungslinie sind. Nach dem Mord an dem russischen Botschafter waren Facebook, Twitter und Co. in der Türkei übrigens nicht mehr erreichbar, berichtet die Beobachtungsstelle Turkey Blocks.