Karla war fast zehn Jahre Krankenschwester. Als sie Corona hatte, fing sie mit dem Auflegen an, Ende 2023 hat sie ihren alten Job dann hingeschmissen. Auch Lisa hat einen Neuanfang gewagt und ist in die USA ausgewandert. Dort verkauft sie jetzt selbst designte Tassen und Taschen.
Einfach mal was Neues anfangen. Einige kommen irgendwann in ihrem Leben an den Punkt, an dem sie sagen: Ich will etwas verändern. Auch Karla Blum hat es gewagt, in eine neue Richtung zu gehen – beruflich. Sie war Gesundheits- und Krankenpflegerin in einer Psychiatrie. Während der Corona-Pandemie hat sie sich DJ-Equipment besorgt und sich zu Hause das Auflegen beigebracht. Heute ist das ihr Beruf und sie legt zum Beispiel bei Festivals auf.
Stressiger Arbeitsalltag als Krankenpflegerin
Karla hat mit 17 Abi gemacht, danach drei Jahre die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Im Anschluss hat sie weiter in dem Beruf gearbeitet, weil er ihr anfangs auch wirklich Spaß gemacht hat: "Ich dachte, mir gefällt es hier gut, ich mag die Kolleg*innen, ich mag das Arbeitsumfeld und Klima. Und ich dachte wirklich, ich bleibe dort eine Weile. Aber tatsächlich ist, glaube ich, so der Durchschnitt der Menschen, die in der Pflege arbeiten, so ungefähr sechs Jahre. Und dann machen die was anderes."
"Arbeit an Wochenenden und Feiertagen, dazu eine hohe emotionale Belastung"
Frühdienst, Spätdienst und Nachtdienst: Das war Karlas Alltag. Auch an Wochenenden und Feiertagen wurde sie oft eingesetzt. Karla spricht von einem sehr herausfordernden Job, der ihr emotional auch viel abverlangt hat. Im Laufe der Jahre ist die Belastung für sie auch immer größer geworden. Als sie an Corona erkrankt und sich in Quarantäne befindet, kam ihr die Idee, sich DJ-Equipment zu besorgen: "Die ersten zwei, drei Tage ging es mir wirklich schlecht. Aber dann war eigentlich alles so weit in Ordnung. Und dann habe ich gedacht, jetzt fängst du einfach mal an."
"Ich habe immer zu meiner Freundin gesagt: 'Im nächsten Leben werde ich DJ!'"
Karla hat sich Youtube-Tutorials angeschaut, um das Auflegen zu lernen: "Ich habe den ganzen Tag nichts anderes gemacht, als bei mir zu Hause meine eigene Party zu feiern." Musik ist schon lange Karlas Leidenschaft. Sie hat sich im Vorfeld viel mit Musiktheorie beschäftigt und zehn Jahre Klavier gespielt. Trotzdem war sie sich auch unsicher: "Am Anfang dachte ich wirklich: Oh Gott, welcher Knopf ist wofür? Aber umso öfter man das macht, umso besser wird man einfach auch darin. Und ich glaube, ich habe dadurch, dass ich sehr viel Spaß daran hatte, das auch relativ schnell gelernt."
Ihren ersten Gig hatte Karla dann am 1. Mai 2022 in einem Klub in Berlin. Sie hat direkt auf dem zweitgrößten Floor gespielt. Karo selbst sagt, dass es ziemlich gut lief, und auch von ihren Feund*innen kam viel positives Feedback.
Job gekündigt, um professionell als DJ zu arbeiten
Das hat Karla ziemlich gepusht. Anfangs hat sie noch in ihrem Beruf als Krankenpflegerin weiter gearbeitet und parallel dazu aufgelegt. Das war für sie aber zu viel: "Ich hatte quasi zwei Jobs und ich hatte keine Freizeit. Ich hatte keine Zeit für Freundinnen oder irgendetwas anderes. Und ich war wirklich irgendwann an einem Punkt, dass ich gemerkt habe: 'Okay, ich schaffte beides jetzt nicht mehr.'" Deshalb hat sie sich dazu entschieden, ihren Job als Krankenpflegerin zu kündigen.
"Dementsprechend war ich irgendwann auf dem Turn: Okay, ich mach es jetzt. Ich gebe da Vollgas. Das wird schon irgendwie klappen, weil anders geht es jetzt gerade nicht. Ich habe ja nichts zu verlieren."
Für Karla hat sich die Kündigung befreiend angefühlt. Und sie ist sich bis heute sicher, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Auch, wenn sie einen Job mit einem geregelten Einkommen hingeschmissen hat: "Es ist ein bisschen komisch, weil es nicht mehr so ist, dass man am Ende des Monats sein festes Gehalt bekommt und verprassen kann, wie man lustig ist." Aber Karla ist froh, dass sie vom Auflegen auch leben kann und einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag hat: "Im Moment lebe ich meinen Traum."
Warum Lisa von Berlin nach L.A. ausgewandert ist
Einen mutigen Schritt hat auch Lisa gewagt. Sie ist zusammen mit ihrem Mann von Berlin in die USA ausgewandert. Dort leben sie jetzt zusammen in L.A. Lisa selbst hat schon im Teeniealter ihre Liebe zu den USA entdeckt. Mal für eine Zeit als Au-Pair dort zu leben oder ein Studienjahr zu machen, hat aber nicht geklappt. Sie hat schon mit 17 ihren jetzigen Mann kennengelernt. Der Wunsch, dorthin auszuwandern, kam bei den beiden auf, als sie mal einen Roadtrip durch Kalifornien gemacht haben.
"Wir haben ab der ersten Sekunde, als wir in diesem Mietwagen saßen und diese unendlich schöne Landschaft gesehen haben, überlegt: Was können wir machen, damit wir irgendwie hier leben können?"
Die beiden haben sich so wohlgefühlt auf diesem Trip, dass sie – zurück in Berlin im Oktober 2022 – großes Fernweh hatten: "Eigentlich ist es nach dem Urlaub bei uns immer so: "Okay, es war schön, es war toll, aber man freut sich auch wieder auf Zuhause. Aber bei dem Urlaub saßen wir im Flugzeug und wir haben geheult. Es tat körperlich schon richtig weh, weil wir einfach nicht wegwollten."
Erste Schritte in Richtung Auswanderung
Lisa und ihr Mann haben dann angefangen zu schauen, welche Unterlagen nötig wären für eine Auswanderung. Dabei haben sie festgestellt, dass es mit dem Visum nicht ganz so einfach ist. Zunächst einmal hat dann die "deutsche Vernunft" aus ihr gesprochen, erzählt Lisa: "Ey Leute, ihr könnt hier nicht zwei Wochen Urlaub machen und dann beschließen, auszuwandern. Ihr müsst euch das schon nochmal ein bisschen länger angucken."
Im April 2023 sind die beiden dann noch mal in die USA geflogen. Dieses Mal waren sie für einen ganzen Monat dort – und zwar in L.A., weil es ihnen dort am besten gefallen hat.
"Wir haben einen Monat lang versucht, so normal in L.A. zu leben, wie man dort als Tourist leben kann. Wir haben nicht jeden Tag irgendwelchen Tourikram gemacht."
Die beiden haben versucht, den normalen Alltag in L.A. so gut es ging kennenzulernen. Als sie im Mai 2023 zurück in Deutschland waren, hat sich der Wunsch, dorthin auszuwandern, immer weiter gefestigt. Bis die Entscheidung stand: Sie wollen es versuchen.
"Wunsch, nach Kalifornien zu gehen, war krass"
Viele Menschen in ihrem Umfeld wussten erst mal nicht davon – nur der engste Familienkreis. Und obwohl es ihr großer Traum war, plagte Lisa schon vor der konkreten Auswanderung das schlechte Gewissen: "Dieser Wunsch, nach Kalifornien zu gehen, war so krass. Aber es hat mir trotzdem auch das Herz gebrochen, das meinen Eltern sagen zu müssen. Mama, Papa und auch meine Großeltern. Wir sind dann mal bald weg." Ihre Familie hat sich aber für Lisa gefreut und sie bei ihrem Vorhaben unterstützt.
Es gab aber auch kritische Stimmen: "So viele Leute haben gesagt: Seid ihr verrückt? Ihr könnt doch nicht nach Kalifornien gehen. Das ist der teuerste Bundesstaat. Das ist viel zu teuer." Und trotzdem haben sie es durchgezogen.
Eigenes Business im Ausland
Seit dem Sommer 2024 sind Lisa und ihr Mann nun in L.A. Schon im Vorfeld war klar, dass sie in den USA selbständig arbeiten wird: Lisa hat bereits in Deutschland eine eigene Firma gegründet – sie designt selbst Taschen und Tassen, die sie in L.A. verkauft. Dafür hat sie sich ein Investorenvisum für die USA besorgt. Und da sie verheiratet sind, konnte Lisas Mann – gelernter Zahntechniker – automatisch mit einreisen und hat direkt eine Arbeitserlaubnis bekommen.
Der Plan war also: Lisa baut sich nach und nach ihr Business auf. Ihr Mann sollte sich so schnell wie möglich einen Job suchen, um erst mal von seinem Einkommen zu leben. Nach einer Woche hatte Lisas Mann auch die Zusage für einen Job – in einem Zahntechniklabor in Beverly Hills.
"Er hätte sich über jeden Job gefreut. Irgendwo im Supermarkt, irgendwas kleines. Aber nein, er findet gleich einen Job als Zahntechniker in Beverly Hills. Es war wirklich ein Jackpot."
Auch für Lisa läuft es beruflich gut. Trotzdem macht sie sich zwischendurch auch immer mal wieder Sorgen und hat Ängste – vor allem, was die Bürokratie angeht: "Ich verdiene da schon wirklich Geld, was ich nicht gedacht hätte für die ersten Monate. Aber ich sitze manchmal da und bin so überfordert, weil ich gar nicht weiß, was ich zuerst machen soll. Aber es hat bisher immer alles irgendwie geklappt, auch wenn ich 10.000 Tode zwischendurch sterbe vor Aufregung und denke: 'Oh Gott, wenn ich jetzt irgendwas falsch mache, komme ich gleich ins Gefängnis. Man ist in so einem Überlebensmodus einfach."
"Wir erleben einen kleinen American Dream"
Unterm Strich überwiegt aber die Freude: "Mein Mann denkt wirklich nur so von Tag zu Tag und freut sich, wenn alles gut ist. Er freut sich, wenn man am Abend den traumhaften Sonnenuntergang am Strand sieht. Wir sitzen ganz oft am Abend da und denken: Das ist echt schon so ein kleiner American Dream, was wir hier erleben."
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