Wer wild in der Gegend herumpinkelt, muss mit Strafe rechnen. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie ein Urteil aus dem hohen Norden zeigt.
Ein Mann, der in die Ostsee gepinkelt hat, ist vom Amtsgericht Lübeck freigesprochen worden. Das Ordnungsamt hatte ihn im Sommer 2022 gegen 00:30 Uhr dabei erwischt, wie er ins Meer urinierte. (Also anders als der Hund auf unserem Bild oben, der in den Sand pinkelt.)
"Der Mensch hat unter den Weiten des Himmelszeltes nicht mindere Rechte als das Reh im Wald, der Hase auf dem Feld oder die Robbe im Spülsaum der Ostsee."
Eine Belästigung lässt sich nach Ansicht des Gerichts nicht nachweisen. Wegen öffentlicher Belästigung hatte das Ordnungsamt jedoch ein Bußgeld von 60 Euro eintreiben wollen. Das Gericht findet, es sei nicht feststellbar, dass der Mann für Dritte bei Dunkelheit oder im Restlicht der Uferbeleuchtung mehr als allenfalls schemenhaft überhaupt sichtbar gewesen ist und sprach ihn frei.
Wie das Verbot zu interpretieren ist
Grundsätzlich gilt Wildpinkeln als Erregung öffentlichen Ärgernisses und ist immer verboten, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Sarah Brendel. Ausnahmsweise können Polizei und Ordnungsamt aber ein Auge zudrücken, bei einer Blasenschwäche etwa, bei der Einnahme entwässernder Medikamente oder wenn keine Toilette in der Nähe ist.
"Das muss man dann aber auch nachweisen können", sagt Sarah Brendel. Die Ordnungshütenden haben also einen gewissen Handlungsspielraum, das bestätigt auch der Jurist und Anwalt Udo Vetter. Bei Straftaten haben sie diesen Spielraum nicht. Diese müssen verfolgt werden.
"Die Polizei hat bei Bußgeldsachen immer die Möglichkeit, ein Auge zuzudrücken. Es gibt da keinen sogenannten Verfolgungszwang."
Freundlichkeit kann für Windpinkelnde bei der Begegnung mit Polizei oder Ordnungsamt also hilfreich sein. Der Fall aus Lübeck zeigt, dass es sich außerdem lohnen kann, auf seinem Standpunkt zu beharren.
"Auch wenn das Ordnungsamt hart bleibt, kann es gut sein, dass ein Richter das anders sieht."
Die Höhe der Ordnungsgelder für das Wildpinkeln unterscheiden sich je nach Stadt. Die Gelder werden bei großen Festen wie dem Oktoberfest und Karneval von den Kommunen gerne angehoben.
Urin und Schaden
"In den meisten Städten liegt das Bußgeld für Wildpinkeln zwischen 30 und 60 Euro", sagt Sarah Brendel. Wird allerdings eine Hauswand oder beispielsweise ein Kunstobjekt beschädigt, kann der Eigentümer zivilrechtlich auf Schadensersatz klagen.
"Wenn man ein wertvolles Gemälde im Außenbereich oder eine Installation beschädigt, dann bleibt es nicht nur beim Bußgeld. Das kann dann schnell in die Tausende gehen."