China macht sich locker.

An der Universität von Tianjin gibt es jetzt Kennenlern-Seminare. Professor Xie Shu, der sonst kommunistische Ideologie unterrichtet, erklärt jetzt im Kurs "Theorie und Praxis romantischer Beziehungen", wie man das andere Geschlecht verführt - und wie man damit umgeht, zurückgewiesen zu werden.

Die Uni in Tianjin ist die erste, die für solche Themen Scheine vergibt - ein Zeichen, dass die Behörden sich Sorgen um die Stimmung im Land machen. Junge Chinesen haben im Schnitt mit 22 Jahren zum ersten Mal Sex.

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Professor Xie Shu (Mitte) mit Studenten im Flirt-Seminar (Foto: Fred Dufour/ AFP)

Lernen ist wichtiger als Partnerschaft

In der Schulzeit und während der Uni haben viele Chinesen gar keine Zeit für Beziehungen. Die Eltern erwarten gute Noten, die Kinder müssen rund um die Uhr büffeln. Sobald die Kinder dann den Uni-Abschluss haben, erwarten die Eltern allerdings, dass es ans Familien-Gründen geht - so schnell wie möglich, möglichst vor 30. Wer danach noch Single ist, der muss sich von der Verwandtschaft Einiges anhören.

"Viele Studenten wollen unbedingt eine Beziehung, wenn sie an der Uni sind - um jeden Preis, egal mit wem. Wir lehren sie, den korrekten Weg zur Liebe zu nehmen."
Wang Rui, Ideengeber für das Flirt-Seminar

Sex ist übrigens kein Thema im Flirt-Seminar. Der Lehrer erklärt: "Wir lehren nur, das Eis zu brechen und mit dem anderen Geschlecht zu kommunizieren." Sexuelle Aufklärung ist in China sehr dürftig, nur wenige Schulen unterrichten Sexualkunde.

Ein-Kind-Politik hat Problem verstärkt

Ein Grund, warum sich die Chinesen so schwer tun mit dem Daten, ist laut Experten die (mittlerweile aufgehobene) chinesische Ein-Kind-Politik. Die meisten Menschen unter 35 haben keine Geschwister, das heißt, sie haben automatisch weniger Kontakt zum anderen Geschlecht innerhalb der Familie. Außerdem hat die Ein-Kind-Politik dazu geführt, dass Kinder sehr behütet aufwachsen, wie kleine Könige. Dementsprechend sind dann auch ihre Erwartungen an eine Beziehung.

Professor Xie vom Flirt-Seminar hat ein paar Tipps. Den Jungs empfiehlt er zum Beispiel, Mädchen nicht auszufragen als seien sie beim Polizeiverhör und den Mädchen rät er zu mehr Selbstbewusstsein: "Schaut den Jungs in die Augen, auch wenn ihr euch unsicher fühlt!" Ob der Professor für Marxismus-Leninismus allerdings wirklich auch Romantik-Experte ist, weiß er selbst nicht. Er ist nämlich Single.