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Lisa hatte Angst vor ihrem 30. Geburtstag. Als sie den Druck rausnimmt, merkt sie, dass eigentlich alles okay ist. Zwei Experten erklären, warum die 30 so eine große Bedeutung haben kann, und wie wir entspannter mit dem Älterwerden umgehen können.

Kurz bevor Lisa 30 wird, spürt sie einen Druck. Sie merkt, dass weder Heiraten noch Kinderkriegen ein Thema für sie sind. Diese klassischen Lebensziele fühlt sie gerade nicht. Sie fragt sich: Sollte das nicht anders sein – jetzt, wo der runde Geburtstag bevorsteht?

Lisa hat Angst, dass sie nicht dem gerecht wird, was von ihr erwartet wird. "Viele sagen doch immer: Bevor ich 30 bin, möchte ich heiraten oder irgendwelche Sachen erfüllt haben. Irgendwelche Ziele, die die Gesellschaft ein bisschen von einem erwartet", sagt sie. So beschreibt Lisa auch ihre Zwanziger. Sie wollte anderen Menschen gefallen und sich so verhalten, wie sie es gut finden.

Vom Außen zum Innen

Als sie dann aber 30 geworden ist, stellt sie fest, dass sich etwas in ihr verändert hat. Sie erkennt für sich, dass es keinen Grund gibt, sich Druck zu machen. Sie mag ihr Leben. Sie hat eine tolle Familie, tolle Freund*innen und macht das, was ihr gefällt. Sie merkt: "Es ist wirklich egal, was andere erwarten oder was andere von dir möchten, solange du selber mit dir im Reinen und glücklich bist."

"Ich hatte Angst davor und dachte, jetzt kommt die große Drei. Dann war mein Geburtstag und ich habe gesagt: Das ist doch gar nicht so schlimm. Warum mache ich mir so einen Druck? Ist doch scheißegal."
Lisa, ist trotz der Angst vor dem runden Geburtstag mit 30 viel gelassener und zufriedener geworden

Sie hat angefangen, alles entspannter zu sehen. Statt sich auf das Außen zu fokussieren, schaut Lisa auf sich und fragt sich zum Beispiel, was ihr wichtig ist, was ihr guttut und was sie in ihrem Leben erreichen möchte. Seitdem spürt sie eine innere Zufriedenheit.

Runder Geburtstag

Die Entwicklung, die Lisa im Zusammenhang mit ihrem 30. gemacht hat, ist ziemlich typisch für diese Lebensphase. Wenn wir jünger sind und gerade die Schule fertig, eine Ausbildung oder das Studium beendet haben, gibt es viele Unsicherheiten und Ängst, sagt Psychologe und Generationenforscher Rüdiger Maas.

Wir machen unsere ersten Schritte in der Arbeitswelt, treffen unsere ersten großen Entscheidungen. Vieles ist neu. In unseren Dreißigern sind wir in der Regel schon erfahrener. "Ich weiß, wie die Arbeitswelt funktioniert. Ich bin ein Stück autonom. Ich kann eine Karriere planen, in der Regel ziehen die meisten dann mit Mitte 20 auch aus. Die Familienplanung ist da. Es wirkt alles noch ein bisschen offen nach oben, aber ich habe schon ein bisschen Struktur in mein Leben reinbekommen", so Rüdiger Maas.

"Junge Menschen, die die Schule verlassen, in den Arbeitsmarkt kommen, haben eine hohe Unsicherheit und sehr viele Ängste in dem Alter. Mit 30 habe ich die in der Form nicht mehr."
Rüdiger Maas, Psychologe und Generationenforscher, Leiter Institut für Generationenforschung Augsburg

In dem Alter würden wir uns auch von der Illusion verabschieden, dass mit dem ersten Mal alles sitzen muss: perfekter Job, super Beziehung, schicke Wohnung. Wir sehen die Dinge lockerer und wissen, dass die Welt nicht untergeht, wenn etwas auch mal nicht funktioniert, wie wir es uns vorgestellt haben.

Wir gehen in unseren Dreißigern auch weniger ängstlich an unser Leben ran, weil wir denken, wir könnten unser Leben vorhersagbarer machen. "Rückblickend sehen wir viele Sachen der Zwanziger- oder Teenagerjahre als große Wandlung und glauben dann irrtümlich, mit 30 passiert weniger Wandlung. Es ist stabiler, es läuft jetzt stringenter. Das ist aber ein Irrtum, wenn man tatsächlich biografisch draufschaut", erklärt der Generationenforscher.

Den Druck rausnehmen

Das Leben ist komplex, sagt Jana Nikitin. Sie ist die Leiterin des Arbeitsbereichs Psychologie des Alterns an der Uni Wien. Der Wandel und Ziele, die wir nicht erreicht haben, begleiten uns unser gesamtes Leben: Das gilt für die Dreißiger wie für die Fünfziger.

"Es gibt nicht den Druck, mit 30 schon alles abschließen zu müssen", erklärt sie. Der 30. Geburtstag ist erstmal wie jeder andere. Weil er aber ein runder Geburtstag ist, würden viele Menschen dazu neigen, eine Zwischenbilanz zu ziehen: Was habe ich schon und was möchte ich noch erreichen?

Die Zeit zwischen 20 und 30 sei aber eine besondere Lebensphase, weil wir in diesen Jahren vieles ausprobieren. Weil klassische Normen wie Heiraten und Kinderkriegen heutzutage aufgebrochen sind, haben wir jetzt die Zeit zu schauen, welcher Lebensentwurf zu uns passt, so die Psychologin.

Gleichzeitig seien wir aber finanziell noch und oft auch emotional noch von unseren Eltern abhängig. "Es ist eine Umbruchphase, die mit 30 langsam abgeschlossen sein sollte. Vielleicht ist die 30 deswegen ein bisschen ein Marker für: Weiß ich, was ich mit dem Leben anfangen will oder weiß ich es nicht", erklärt sie.

"Wir haben immer das Gefühl, mit dem Alter wird alles schlechter. Was wir aber in den Studien finden, ist, mit dem Alter wird alles besser."
Jana Nikitin, Leiterin Arbeitsbereichs Psychologie des Alterns, Universität Wien

Wer hier das Gefühl hat hinterherzuhinken, dem empfiehlt Jana Nikitin möglichst auf Social Media zu verzichten. Denn was dort passieren kann, ist, dass wir uns vergleichen.

An sich ist Vergleichen nicht Schlimmes, so die Psychologin. Das machen wir Menschen. Aber auf Social Media nimmt es ein viel größeres Ausmaß an: Dort vergleichen wir uns nicht mehr nur mit unserem engen Umfeld, sondern mit der ganzen Welt. Wir sehen die Erfolge und Möglichkeiten der anderen und dann kann unser Leben schnell so wirken, als wäre es nicht genug. Was Social Media aber nicht zeigt, ist die Komplexität der Leben dort.

"Es ist wichtig, Ziele zu haben im Leben, weil sie uns Orientierung geben und sie sind auch eine Entscheidungshilfe. Es ist auch gut, sich einigermaßen auf diese Ziele hinzubewegen. Aber wenn ich das nicht tue, heißt das nicht, dass ich in meinem Leben gescheitert bin", sagt Jana Nikitin. Sondern es heiße vielleicht, dass diese Ziele nicht die richtigen für uns sind. Und dann gelte es, neue Ziele zu formulieren.

Was dabei helfen kann: Durchschnittlich betrachtet, erleben wir in den Dreißigern ein Gefühl der inneren Reife, so die Psychologin. Das Wohlbefinden und der Selbstwert nehmen zu. Die Studienlage zeige: Im Alter wird nicht alles schlechter – es wird besser.

In der Podcast-Folge erfahrt ihr, wann Selbstoptimierung helfen kann und wie unterschiedlich Frauen und Männer auf ihren 30. Geburtstag blicken. Klickt dafür oben auf den Play-Button.

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Shownotes
Hilfe, 30!?
Ohne Panik älter werden
vom 17. Oktober 2025
Gesprächspartnerin: 
Lisa, ist trotz der Angst vor dem runden Geburtstag mit 30 viel gelassener und zufriedener geworden
Gesprächspartner: 
Rüdiger Maas, Psychologe und Generationenforscher, Leiter Institut für Generationenforschung Augsburg
Gesprächspartnerin: 
Jana Nikitin, Leiterin Arbeitsbereichs Psychologie des Alterns, Universität Wien
Autor und Host: 
Przemek Żuk
Redaktion: 
Ivy Nortey, Anne Bohlmann, Yevgeniya Shcherbakova, Celine Wegert
Produktion: 
Oskar Kühl
Quellen:
  • Ristl, C., Korlat, S., Rupprecht, F. S., Burgstaller, A., & Nikitin, J. (2025). Self-perceptions of aging and social goals. Psychology and Aging, 40(4), 413–420.
  • Arnett, J. J., Žukauskienė, R. & Sugimurac, K. (2014). The new life stage of emerging adulthood at ages 18–29 years: implications for mental health. The Lancet Psychiatry, Volume 1, Issue 7, 569 - 576.