Denise Schurzmann ist Geschäftsführerin eines Industriebetriebs mit 50 Mitarbeitenden. Sie sucht dringend Fachkräfte. Sie sagt: Eine 42-Stunden-Woche würde das Problem noch verschärfen.
Gastronomie, Flughäfen, Handwerk, Pflege – in vielen Branchen fehlen Fachkräfte. So auch beim Betrieb Krause Industrieschaltanlagen aus Raubling. Die Geschäftsführerin Denise Schurzmann sagt: Sie bewirbt sich inzwischen bei potenziellen Mitarbeiter*innen. Es gibt aber auch strukturelle Probleme: Eine politisch festgelegte zu geringe Arbeitszeit-Flexibilität sowie hohe Hürden bei der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland.
Im Interview erklärt sie warum und spricht über strukturelle Probleme bei der Suche nach Arbeitskräften.
Ivy Nortey: Würdet ihr gerne mehr Leute einstellen?
Denise Schurzman: Ja, ich würde gerne mehr einstellen – und ich würde auch gerne viel mehr ausbilden. Aber wir finden niemanden. Es ist schwierig sowohl im Ausbildungs- als auch im Fachkräftebereich. Es kommen wenige Bewerbungen bis gar keine auf die freien Stellen, die wir ausgeschrieben haben.
Was hältst du vom Vorschlag der 42-Stunden-Woche?
Ich glaube, dass das an der Wirtschaft vorbei geht – beziehungsweise am Bedarf der Mitarbeiter. Als ich vor über zehn Jahren hier angefangen haben, hatten wir zwei bis drei Arbeitszeitmodelle. Aktuell haben wir bei 50 Mitarbeitern rund 30 Arbeitszeitmodelle. Es gibt viele Mitarbeiter, die flexibel arbeiten wollen. Wir werden hier gesetzlich immer wieder ausgebremst. Die 42-Stunden-Woche geht nicht in die richtige Richtung.
Und wie siehst du das Thema aus Sicht der Arbeitgeberin?
Ebenfalls kritisch. Ich glaube, wir finden niemanden. Wenn wir eine 42-Stunden-Woche einführen, bewirbt sich niemand bei uns. Man muss mittlerweile um die Arbeitnehmerinnen kämpfen, sich letztendlich auch als Arbeitgeber bewerben. Die Rollen sind hier vertauscht. Ich bewerbe mich quasi bei meinem Bewerber und erwähne, welche Benefits wir bieten und warum es toll wäre, wenn er zu uns ins Team kommt. Da müssen wir individuelle Vereinbarungen treffen. Die 42-Stunden-Woche ist vom Markt weit entfernt.
Wie ist das für euch, dass die Mitarbeitenden viel Flexibilität fordern?
Das stellt uns als Produktionsbetrieb teilweise vor große Herausforderungen. Die Mitarbeiter sind aber mein wichtigstes Gut. Ich versuche, viel möglich zu machen. Es wäre manchmal schön, wenn wir einen größeren Spielraum hätten. Manche Mitarbeiter würden zum Beispiel gerne an vier Tagen pro Woche arbeiten, die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden aber beibehalten. Da muss ich sagen: Zehn Stunden am Stück zu arbeiten, ist gesetzlich nicht möglich, deswegen muss ich das leider ablehnen.
Welchen Effekt beobachtest du, wenn Mitarbeitenden flexible Arbeitszeitmodelle ermöglicht werden?
Die Mitarbeiter sind dann zufriedener. Inwiefern sich die Arbeitsleistung verändert, kann ich nicht beurteilen. Wir haben aktuell aber auch viele Mitarbeiter, die nicht mehr eine 40-Stunden-Woche haben, sondern eine verringerte Arbeitszeit. Sie arbeiten weniger Stunden, manche auch weniger Tage pro Woche.
Sind Arbeitskräfte aus dem Ausland eine Option für dich?
Ich bin gerade dabei, hier die ersten Erfahrungen zu machen. Wir beantragen gerade für zwei Mitarbeiter ein Visum. Das stellt uns als Arbeitgeber für große Herausforderungen. Die Bürokratie in Deutschland bremst uns hier aus und macht den Prozess langsam. Wir müssen bei beschleunigten Visum-Verfahren drei bis vier Monate auf ein Visum warten.
Wir haben die Personen übers Internet via Videoschalte kennengelernt. Sie können nicht zum Probearbeiten kommen, weil sie kein Visum haben. Ich weiß nicht, wie es für sie ist, bei uns zu arbeiten. Ich kenne auch ihre Arbeitsweise nicht. Wir müssen den Prozess vereinfachen. Wir brauchen die Fachkräfte aus dem Ausland.
Vielen Dank für das Gespräch!