Ab Mittwoch könnt ihr mit dem 9-Euro-Ticket deutschlandweit Regionalbusse und -bahnen nutzen. Noch bevor der Juni da ist, wird das Angebot von Forschenden untersucht – mehrere Unis haben Projekte rund um das Ticket gestartet. Sie erhoffen sich davon Erkenntnisse für den Verkehr von morgen.
Das 9-Euro-Ticket ist ein Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung wegen der erhöhten Energiekosten. Auch wenn politisch bisher umstritten ist, wie sinnvoll das Projekt tatsächlich ist: Die Wissenschaft freut sich darüber. Das 9-Euro-Ticket ist nämlich ein großes Realexperiment, sagt die Verkehrswissenschaftlerin Kathrin Viergutz.
"Das 9-Euro-Ticket ist ein großes Realexperiment."
Die Forschung erhofft sich wichtige Erkenntnisse über das Mobilitätsverhalten der Fahrgäste. Und sie möchte daraus Schlussfolgerungen ziehen, wie sich der Verkehr von morgen verbessern lässt. Interessant sei vor allem, wer das Ticket nutzt, erklärt Kathrin Viergutz. Dieselben Personen wie vorher, oder regt das Ticket an, umzusteigen auf ÖVM?
Deutschlandweite Befragungen
Die Forschenden wollen wissen, wer warum wohin fährt. Um zu Erkenntnissen zu gelangen, werden Befragungen durchgeführt. Unter anderem die Unis in Kassel, Braunschweig, München und Hamburg machen das. Eine der Fragen lautet etwa: Welches Verkehrsmittel hätten Sie heute normalerweise genutzt?
- An der TU Braunschweig ist das Interesse, an den Befragungen teilzunehmen, offenbar groß. Über 3000 Menschen haben dort bisher mitgemacht, weit mehr als erwartet. Weitere Fragerunden folgen.
- Die Uni Kassel plant drei Erhebungen – vor, während und nach der Gültigkeit des 9-Euro-Tickets. Die erste Fragerunde ist bereits online zugänglich.
- An der TU München werden 1000 Reisende ihr Mobilitätsverhalten mit einer App erfassen.
- Das Institut für Verkehrsplanung und Logistik der TU Hamburg möchte in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Verkehrsverbund vor allem arme Menschen befragen. Es geht darum, herauszufinden, wie sich das Ticket auf deren Nutzungsverhalten auswirkt.
Faktor Tankrabatt herausrechnen
Die Bundesregierung hat nicht nur das 9-Euro-Ticket, sondern auch einen Tankrabatt über Steuervergünstigungen beschlossen. Bei den Befragungen müsse man diesen Faktor natürlich berücksichtigen bzw. herausrechnen, sagt Kathrin Viergutz.
"Wenn Menschen langfristig vom Auto auf ÖVM umsteigen sollen, müssen wir jetzt wirklich liefern. Wir müssen das 9-Euro-Ticket als Schnupperkurs begreifen."
Im Stadtverkehr erwartet sie kurzfristig eher keine oder nur wenig Veränderungen durch das 9-Euro-Ticket. Im Regionalverkehr dagegen werde die Zahl der Fahrgäste steigen. Dafür werde aber höchstwahrscheinlich in den ICEs weniger los sein.
Wenn Menschen langfristig vom Auto auf ÖVM umsteigen sollen, müsse jetzt wirklich "geliefert" werden, so die Verkehrswissenschaftlerin. Das Projekt 9-Euro-Ticket sollten wir als "Schnupperkurs" begreifen. Klar sei schon jetzt, dass die Menschen nur dann umsteigen, wenn die ÖVM durch Zuverlässigkeit und einen hohen Fahrkomfort überzeugen.
Überfüllung als Stimmungskiller?
Natürlich besteht die Gefahr, dass der Run auf die 9-Euro-Tickets zu überfüllten ÖVM führen und das die Lust aufs langfristige Umsteigen kaputtmacht. Kathrin Viergutz hofft, dass es die Verkehrsbetriebe schaffen, mehr Züge und Busse zur Verfügung zu stellen und so dafür sorgen, dass sich der Overload in Grenzen hält.
Unabhängig davon wird die Wissenschaft aber auf jeden Fall Erkenntnisse gewinnen, sagt sie: Allein die abgefragten Infos, wo genau die Menschen hinwollen, werden dabei helfen, die Nahverkehrsverbindungen langfristig besser zu machen und zielgenau auszubauen.
Sie persönlich freut sich darauf, mit dem 9-Euro-Ticket Deutschland als Urlaubsland neu kennenzulernen.