Viele von uns haben den Spruch: 'Das musst du einfach loslassen!' schon mal gehört. Aber was genau bedeutet es eigentlich? Und wie soll das gehen? Ist Loslassen immer möglich – egal, ob mir jemand die Vorfahrt genommen hat oder ob ich eine schreckliche Kindheit hatte, verlassen und belogen wurde? Ja, sagen Main Huong und Diane in dieser Folge Achtsam.

Wir sollten uns vielleicht zunächst die Frage stellen, was wir genau loslassen wollen – und wie wir es festhalten. Denn wenn wir uns etwa immer wieder an ein Erlebnis erinnern, dann wirken damit auch jedes Mal die entsprechenden Stresshormone in unserem Körper, erklärt Diane Hielscher. "Oder wir reden regelmäßig darüber und benutzen dabei Worte, die uns quälen", so Diane – wenn wir zum Beispiel davon sprechen, dass uns ein*e Ex-Partner*in gedemütigt, verlassen und belogen hat, "damit halten wir das, was wir eigentlich loslassen wollen, immer aktiv in unserem Leben fest und lassen es nicht gehen."

"Oft ist die erste Frage: Wie halte ich es eigentlich fest? Vielleicht denke ich ständig an die Dinge, die damals passiert sind und halte sie so wach. Dann schießen auch die ganzen Stresshormone immer und immer wieder in unseren Körper ein – genau wie damals."
Diane Hielscher, Moderatorin

Wenn wir weiter an Schmerz festhalten, besteht die Gefahr, dass wir verbittern. Verbitterung meint eine komplexe Emotion, die sich durch ein Muster aus Bitterkeit, Wut, Feindseligkeit, Zorn, Groll und Rachedrang auszeichnet. Auslöser für Verbitterung ist meist ein außergewöhnliches, wenn auch lebensübliches negatives Ereignis, wie etwa eine Trennung oder eine Kündigung. Daraus wiederum kann eine posttraumatische Verbitterungsstörung kommen. Innerhalb kurzer Zeit werden Menschen, die zuvor psychisch unauffällig waren, chronisch krank.

Woran man das erkennt und wie man das merkt, besprechen die beiden in dieser Folge Achtsam. Außerdem gibt’s noch eine Menge Tipps zum Loslassen.

"Wir können es machen, wie die Aufräum-Queen Marie Kondo. Die fragt immer: Macht es Freude? Und wenn wir merken, dass es das nicht tut kann es weg."
Main Huong Nguyen, Psychologin

Main Huong Nguyen rät zu einer Art kleinem Ritual: "Wenn wir uns von alten Dingen trennen, können wir uns davor noch von ihnen verabschieden: 'Danke, Du hast mir Dienste erwiesen, aber jetzt trennen sich unsere Wege, ich lasse dich los.' Und wenn wir das in unserer Wohnung machen, funktioniert genau das auch bei emotionalen Themen."

Wie wir – vermutlich oft unbewusst – festhalten und wie wir besser loslassen können, das ist das Thema diese Woche in Achtsam.

Ihr habt Anregungen, Ideen, Themenwünsche? Dann schreibt uns gern unter achtsam@deutschlandfunknova.de

Empfehlungen aus dem Beitrag:
  • Sigrid Engelbrecht und Michael Linden: „Lass los! – Wege aus der Verbitterung.“ 2018, Ecowin Verlag, Wals bei Salzburg
Shownotes
Dinge hinter sich lassen
Achtsam loslassen: Einfach ist es nicht – aber es geht
vom 14. April 2022
Moderatorinnen: 
Main Huong Nguyen und Diane Hielscher
    Quellen aus der Folge:
  • Charlotte van Oyen Witvliet, Thomas E. Ludwig, Kelly L. Vander Laan: „Granting Forgiveness or Harboring Grudges: Implications for Emotion, Physiology, and Health“. In: Psychological Science, Vol12, Issue 2, 2001.