Wie hoch das Risiko ist, sich an bestimmten Orten mit Corona zu infizieren, ist immer noch unklar. Aber es gibt nun neue Erkenntnisse. Demnach sind zum Beispiel Theater sicherer als Supermärkte.

Was ziemlich klar ist: In einer voll besetzten Oberstufenklasse, in der niemand eine Maske trägt, gibt es ein ziemlich hohes Risiko, sich mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren. Dort ist die Ansteckungsgefahr 23 mal so hoch wie in einem Theater, das Hygiene- und Abstandsregeln einhält: also in dem nur ein Drittel der Plätze besetzt sind und alle Masken tragen.

Das hat ein Forschungsteam der Technischen Universität Berlin ermittelt. Der Lüftungstechniker Martin Kriegel und seiner Kollegin Anne Hartmann vom Institut für Energietechnik haben den Rs-Wert für bestimmte Situationen untersucht.

Der R-Wert ist inzwischen den meisten bekannt: Das ist der Wert, der misst, wie viele andere Menschen im Durchschnitt durch eine infizierte Person angesteckt werden. Ein R-Wert von 1 bedeutet also, dass ein Infizierter eine weitere Person ansteckt.

Rs-Wert: Wie viele Menschen stecken sich an einem bestimmten Ort an

Der Rs-Wert bezieht sich nun auf die jeweilige Situation, also wie viele Personen an einem bestimmten Ort angesteckt werden, wenn einer der dort Anwesenden mit Corona infiziert ist.

Beim Beispiel Theater – 30 Prozent der Plätze belegt, alle Zuschauenden tragen Maske – da liegt der Rs-Wert bei 0,5. Das heißt,
also statistisch gesehen wird nur eine halbe Person infiziert. Beim Frisörbesuch mit Maske liegt der Wert bei 0,6. Im Supermarkt mit Masken ist es schon eine Person, und in der Oberstufenklasse – ohne Masken und ohne Abstand, wo viel geredet wird – würde eine infizierte Person 11,5 weitere Menschen anstecken.

"Im Supermarkt laufen wir alle durch den Laden und verteilen überall Aerosole auf unserem Weg. Im Theater sitzen wir an einem Ort und sind meistens still."
Verena von Keitz, Deutschlandfunk Nova

Der Rs-Wert berechnet sich über verschiedene Faktoren: wie viele Menschen Aerosole ausstoßen, ob sie viel reden, laut singen, sich durch die Gegend bewegen. "Im Supermarkt laufen wir alle durch den Laden und verteilen Aerosole auf unserem Weg", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Verena von Keitz. "Im Theater sitzen wir an einem Ort und sind meistens still."

Die Werte, die Anne Hartmann und Martin Kriegel errechnet haben, beziehen sich auf Durchschnittssupermärkte und Durchschnittstheater. "Man muss also im Kopf haben, dass in einer Eckkneipe ohne Lüftung die Situation ganz anders ist als in einem großen Restaurant", sagt Verena.

Keine absoluten Zahlen

Viele Faktoren beeinflussen die Ansteckungsgefahr. Dazu zählt auch, wie nah sich die Personen sind und wie lange sie sich an dem Ort aufhalten. "Die Ansteckung im Supermarkt ist zwar höher als beim Frisör, aber immer noch recht gering im Vergleich zum Fitnessstudio", so die Deutschlandfunk-Nova-Reporterin. Denn je nachdem wie voll es da ist, steigt der Rs-Wert auf 3,4, wenn die Leute keine Masken tragen.

"Es ist eben keine gute Idee, derzeit mit mehreren Leuten in einem Büro oder in einem Klassenzimmer ohne Masken zu sitzen, selbst wenn alle Abstand halten."
Verena von Keitz, Deutschlandfunk Nova

Ähnlich ist es in Großraumbüros: Bei halber Belegung ohne Maske liegt der Wert dort bei acht Infektionen pro einem Infizierten im Raum. Logisch: Im Büro hält man sich meistens ziemlich lange auf.

Die Werte, die Martin Kringel und Anne Hartmann errechnet haben, sind nicht absolut zu sehen. Gerade auch im Hinblick auf die Corona-Virus-Mutationen, die vermutlich ansteckender sind, weil sie besser an unseren Nasen- und Rachenschleimhäuten andocken und in den Körper eindringen können. "Aber die Zahlen zeigen im direkten Vergleich ganz gut, wie das Verhältnis verschiedener Situationen ist", sagt Verena von Keitz. "Es ist eben keine gute Idee, derzeit mit mehreren Leuten in einem Büro oder in einem Klassenzimmer ohne Masken zu sitzen, selbst wenn alle Abstand halten."

Shownotes
Studie zu Aerosolen
Coronavirus: Theater sicherer als Supermärkte
vom 15. Februar 2021
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartnerin: 
Verene von Keitz, Deutschlandfunk Nova