Es ist eine Technologie, die wir der Natur abgeguckt haben: Gestein bindet CO2. Wird Gesteinsmehl ins Meer gekippt, bindet dieses CO2, sodass das Meer mehr CO2 aus der Luft aufnehmen kann. Doch wie viel bringt diese Alkalinisierung der Ozeane?
Bei der natürlichen Gesteinsverwitterung, wie sie beispielsweise in den Gebirgen stattfindet, nimmt das Gestein, sobald es nass wird, an der Oberfläche Kohlendioxid (CO2) aus der Luft auf. Es reagiert dann und verfärbt sich zu einem gräulichen Karbonatgestein, erklärt Wissenschaftsjournalistin Tomma Schröder.
Mit Gesteinsmehl gegen den Klimawandel
Unsere Berge nehmen also ständig CO2 auf. "Das würde die Erde wieder herunter kühlen - irgendwann", sagt Andreas Oschlies vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Dieser Prozess verläuft aber sehr langsam, zu langsam, um den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten.
Dennoch hat das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung an der Ozeanalkalisierung im Rahmen des OceanNETs Projekt 2022 im norwegischen Raunefjord geforscht. Die Forschenden haben sich gefragt, ob und wie sie diesen natürlichen Prozess beschleunigen können.
"Die Idee ist, dass wir die Kontaktfläche zwischen Gestein und Atmosphäre vergrößern, indem man Gesteine oder Berge klein raspelt und damit eine sehr hohe Reaktionsoberfläche zwischen Gesteinsmehl und Luft schafft."
Der Vorteil bei der Ozean-Alkalinisierung, der Verteilung von Gesteinsmehl im Meer, ist die große Menge Platz, um das Gesteinsmehl zu verteilen. Das Gesteinsmehl reagiert mit dem Wasser wie beim natürlichen Verwitterungsprozess und bindet CO2. Dadurch wird das Wasser alkalischer, also weniger sauer. "Ich nenne es der Einfachheit halber aber auch einfach Ozean-Doping", sagt Tomma Schröder, die über das Thema im DLF-Podcast Deep Science berichtet.
Zweimal Matterhorn klein raspeln, um die Welt zu retten
Um den weltweiten CO2-Ausstoß verschwinden zu lassen, müsste man zweimal das Matterhorn klein raspeln, hat Andreas Oschlies ausgerechnet. Eine absurde Vorstellung! Deshalb muss an erster Stelle stehen, die CO2-Emissionen weltweit so weit wie möglich zu reduzieren. Die Methode der Alkalinisierung der Ozeane kann nur dabei helfen, das bereits vorhandene CO2 zu verringern oder schwer zu vermeidenden Kohlendioxidausstoß einzufangen.
Denn die Methode hat auch starke Nebenwirkungen: Um große Mengen Gesteinsmehl herzustellen, müssen sehr große, energieintensive Bergbauunternehmen Gestein abbauen und zermahlen. Noch ist auch nicht erforscht, welche Auswirkungen eine Alkalinisierung auf das Ökosystem Meer hat.
Folgen des "Ozean-Dopings"
Wird die Alkalinisierung maßvoll betrieben, kann das positive Auswirkungen auf Korallen oder kalkbildende Tiere haben. Auch Algen können davon profitieren, weil das Meer weniger sauer ist, erklärt Tomma Schröder. "Experimente auf Helgoland haben aber auch gezeigt: Ein zu starkes Doping hat Auswirkungen auf das Phyto- und Zooplankton, also die winzig kleinen Algen und Tiere im Meer", fügt die Wissenschaftsjournalistin hinzu. Und wenn die Alkalinisierung zu stark ist, kann sogar CO2 wieder freigesetzt werden.
Einige Unternehmen wollen die Alkalinisierung bereits umsetzen, obwohl noch dazu geforscht wird. "In Kanada hat ein Start-up letztes Jahr schon losgelegt und mehrere Tonnen Gesteinsmehl in eine Bucht eingeleitet", sagt Tomma Schröder.
Mehr über die Forschung und die Risiken des "Ozean-Dopings" erfahrt ihr im DLF-Podcast Deep Science.