Wenn ein Mensch sich selbst tötet, berichten Medien in aller Regel nicht darüber. Der Grund: Nachahmetaten vermeiden. Sollten wir das gleiche Prinzip auf die Berichterstattung über Amokläufe und Attentate übertragen?

Der Medienpsychologe Frank Schwab sagt dazu ganz klar: "Nein, das sollten wir nicht." Und das, obwohl es einen Nachahmeeffekt gebe. Potenzielle Täter übernehmen manchmal sogar Skripte oder Handlungsempfehlungen von vorherigen Taten. Gerade deswegen sei es wichtig, dass Medien über Ereignisse wie den Amoklauf in München oder das Selbstmordattentat in Ansbach berichten, sagt der Medienpsychologe. So können sie dazu beitragen, dass die Taten nicht glorifiziert oder idealisiert werden, so dass es potenziellen Nachahmetätern schwerer fällt, sich damit zu identifizieren.

Zuverlässige Quellen

In sozialen Netzwerken kursieren zudem sehr schnell viele Informationen zu diesen Ereignissen. Medien könnten darüber oft in professionellerer Form und mithilfe zuverlässiger Quellen berichten.

"Wenn es ernst wird, eine Krise auftaucht, wollen viele Menschen die klassischen Medien nutzen und eine sichere Quelle haben. Dafür gehen sie von den sozialen in die klassischen Medien zurück."
Medienpsychologe Frank Schwab über die Relevanz klassischer Medien im Krisenfall

Medien dürfen den Tätern nicht in die Hände spielen

Häufig nutzen Amokläufer oder Attentäter ihre Tat, um sich selbst auf einer Bühne zu präsentieren. "Sie kommen sich dann für ein paar Minuten großartig vor." Medien könnten dem entgegenwirken, indem sie die Täter zum Beispiel nur verpixelt zeigen. "Dann kann er - den aus seiner Perspektive gesehenen - Ruhm nicht genießen und kann sich nicht selbst inszenieren", sagt der Medienpsychologe Frank Schwab.

Frank Schwab hält es für problematisch, wenn Medien plötzlich in der Berichterstattung das Leid der Opfer in den Vordergrund rücken. Genau darum gehe es den Tätern: Sie wollen sich mit ihren Taten häufig für Dinge rächen, die sie in ihrem Leben als ungerecht wahrgenommen haben. "Da ist das Leid der Opfer etwas, worauf sie auch abzielen."

Frank Schwab rät Medien dazu, reflektiert über Amokläufe und Attentate zu berichten. Dazu gehört auch, sich etwas Zeit für die Recherche zu lassen.

Shownotes
Anschläge und Amok
"Es gibt einen Nachahmungseffekt"
vom 25. Juli 2016
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Frank Schwab, Medienpsychologe