Unter Zeitdruck arbeiten kennen wohl die meisten. Doch darunter leidet langfristig die Qualität der Arbeit und der Druck kann zu Schäden führen - bei Patienten oder an Gegenständen.
Stehen wir bei der Arbeit unter Zeitdruck, kann das dazu führen, dass wir mit zu viel Kraft arbeiten. Das hat Felix von Berchtolsheim zusammen mit einem Forschungsteam an der Uniklinik Dresden herausgefunden. Im Operationssaal kann zu viel Kraft – ausgelöst durch Zeitmangel – Schaden an Patienten und Patientinnen anrichten.
"Organe wie die Leber können beschädigt werden, wenn man mit zu viel Kraft arbeitet."
Meistens verlaufen Operationen (OP), ohne dass Patient*innen Schaden nehmen. Doch die Gefahr bestehe, da einige Organe sehr empfindlich sind. So könne eine Darmwand einreißen, wenn ein Arzt oder die Ärztin sie zu fest mit einer Zange berühre.
Felix von Berchtolsheim und sein Team haben mögliche Auswirkungen auf die Arbeit durch Zeitmangel bei laparoskopischen Operationen untersucht, bei denen kein größerer Bauchschnitt gemacht wird. Stattdessen werden Operationsinstrumente durch kleine Schnittlöcher in die Bauchhöhle eingebracht. Per Videooptik nehmen Ärzt*innen den Eingriff vor.
Zeitdruck wird in physische Kraft umgesetzt
Für die Studie hat das Forschungsteam einen sogenannten Boxtrainer genutzt, an dem Ärzt*innen diese Operationstechnik üben können. Das ist eine Plastikbox mit zwei kleinen Löchern, durch die Stäbcheninstrumente eingeführt werden. Daneben steht ein Bildschirm in Augenhöhe des Operateurs, auf dem er die OP verfolgt. Für die Untersuchung wurde im Boxtrainer ein Sensor installiert, der die Kräfte im dreidimensionalen Raum messen kann.
Ergebnis der Studie: Je höher der Zeitdruck, desto mehr wächst der physische Druck auf die Geräte. Die Teilnehmenden haben also den Zeitdruck in mehr Kraft über die Hände auf die Geräte weitergegeben.
Zeitdruck und rationales Verhalten
Psychologin Laura Klimecki erklärt, dass wir uns unter Zeitdruck auch anders bewegen. Gestresste Menschen halten sich in der U-Bahn stärker an Griffen fest als Menschen, die entspannt und locker sind. Diese Prozesse laufen unwillkürlich im Gehirn ab, wenn wir unter Stress stehen, erläutert die Psychologin. Das rationale Denken werde in dieser Situation ausgeschaltet.
Das Forschungsteam um Felix von Berchtolsheim hat herausgefunden, dass Menschen mit mehr Berufspraxis weniger gestresst auf Zeitdruck reagieren als Berufsanfänger*innen. Das Gleiche gelte für den Alltag. Lebenserfahrung ist nützlich im Umgang mit Stress.
Laura Klimecki: "Häufig sind es nur 30 Sekunden, die mir helfen, um herunterzukommen und so Flüchtigkeitsfehler zu vermeiden. Anschließend treffe ich eine gute Entscheidung."