Menschen mit Behinderung suchen fast drei Monate länger nach einem neuen Job. Bürokratie erschwert die Inklusion. Doch Unwissenheit und Vorurteile seien die größten Hindernisse, findet Autor Janis McDavid. Dabei kann eine Behinderung alle treffen.
Menschen mit Behinderung haben es auf dem regulären Arbeitsmarkt schwer. Die Arbeitslosenquote unter ihnen lag im vergangenen Jahr bei rund zwölf Prozent und damit rund doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote. Das ergibt das Inklusionsbarometer von Aktion Mensch.
Janis McDavid hat bei einem seiner ersten Bewerbungsgespräche ganz schlechte Erfahrungen gemacht. Statt etwa nach seiner Motivation wurde er vor allem gefragt, was er alles nicht könne. "Unter Inklusionsgesichtspunkten war das eine Vollkatastrophe", sagt er.
Viel Unwissen über Inklusion
Janis wurde ohne Arme und Beine geboren und sitzt im Rollstuhl. Er ist Speaker und Autor zu Inklusion und Motivation. Später führte er auch bessere Vorstellungsgespräche.
Das größte Hindernis, damit Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt besser eingebunden sind, sieht er aber nicht bei physischen oder digitalen Barrieren, sondern im Kopf vieler Führungskräfte. Es gebe viel Unwissenheit und Vorurteile.
"Ich höre dann immer, dass man jemanden mit Behinderung nie mehr loswird, wenn man ihn einmal eingestellt hat. Das ist schlicht und ergreifend eine Falschinformation", sagt Janis McDavid. Neben Vorurteilen mache auch die Bürokratie die Inklusion nicht leichter, ergänzt er.
Unternehmen müssen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen - oder Strafe zahlen
Eigentlich müssen Unternehmen ab 20 Mitarbeiter*innen fünf Prozent der Stellen mit Menschen mit einer Schwerbehinderung besetzen. Und trotzdem suchen laut Inklusionsbaromter Menschen mit Behinderung fast drei Monate länger nach einem Job als Nicht-Behinderte.
Viele befürchten Ausgrenzung
Erfüllen Unternehmen diese Regel nicht, kostet das richtig Geld: Bis zu 815 Euro monatlich pro fehlendem Arbeitsplatz. Unternehmen können aber auch Aufträge an Werkstätten für Menschen mit Behinderung vergeben. Dadurch können Sie einen Teil ihrer Ausgleichsabgabe reduzieren, und gleichzeitig kann die Ausgleichsabgabe steuerlich geltend gemacht werden. "Das fühlt sich wie freikaufen an", kritisiert Janis McDavid.
Die Einnahmen aus dieser Ausgleichsabgabe werden genutzt, um Maßnahmen und Mittel für Menschen mit Behinderung auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finanzieren.
"Tut es doch nicht nur für uns. Tut es doch auch für euch selbst, denn ein inklusiver Arbeitsmarkt ist am Ende einer, von dem alle profitieren."
Mehr als jedes vierte Unternehmen in Deutschland beschäftigt gar keinen Menschen mit Behinderung, obwohl sie das müssten. Und viele Menschen mit Behinderung sagen ihrem Arbeitgeber auch gar nichts davon, sagt Uta Menges. Sie berät Unternehmen bei Diversity.
"Die Menschen befürchten Stigmata, Ausgrenzung, Nachteile", sagt sie. Die Fünf-Prozent-Quote ließe sich also auch leichter erfüllen, wenn sich ein Unternehmen inklusiv und offen darstellt. "Damit Menschen sich trauen und Anlaufstellen haben und Plattformen finden, um sich als Schwerbehinderte oder gleichgestellt zu öffnen."
Die wenigsten werden mit Behinderung geboren
Was viele wohl auch nicht wissen: Nur drei Prozent der Menschen werden mit einer Behinderung geboren – die allermeisten Behinderungen werden erst im Laufe des Lebens erworben.
Janis McDavid findet deshalb: "Tut es doch nicht nur für uns. Tut es doch auch für euch selbst, denn ein inklusiver Arbeitsmarkt ist am Ende einer, von dem alle profitieren."
