Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI), Carsten Watzl, hält es für richtig, den Astra-Zeneca-Impfstoff nur noch für Ältere freizugeben. Die Entscheidung basiere auf einer Risikoabwägung. Die wird auch stark davon beeinflusst, dass es Impfstoff-Alternativen gibt.

Mit dem Hin und Her beim Impfstoff von Astra-Zeneca ist es so eine Sache. Einerseits geht dabei Vertrauen in den Impfstoff verloren. Andererseits zeigen Anpassungen des Regelwerks rund um den Impfstoff, dass es fortwährend Erkenntnisse gibt und diese auch berücksichtigt werden, um mögliche gesundheitliche Schäden so gering wie möglich zu halten.

Die aktuelle Empfehlung lautet: Uneingeschränkt sollen den Impfstoff nur noch Menschen zwischen 60 und 69 Jahren erhalten. Unter 60-Jährige sollen sich "nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung" weiterhin mit Astra-Zeneca impfen lassen können. So heißt es im Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Ländern.

"Stopp der Impfung für Jüngere ist richtig"

Carsten Watzl, DGfI-Generalsekretär und Professor am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, hält die Einschränkung der Verimpfung von Astra-Zeneca für richtig. Er begründet das mit der Risikoabwägung, die sich aus folgenden Kriterien zusammensetzt:

  • Die spezielle Thrombose tritt zwar selten auf, sie betrifft ungefähr eine von 100.000 geimpften Personen. Wenn sie aber auftritt, können die Verläufe schwer sein bis hin zum Tod.
  • Der Nutzen einer Impfung ist vor allem, schwere Verläufe einer Covid-19-Erkrankung abzumildern oder zu verhindern. Beispielsweise liegt das Risiko an Covid-19 zu versterben für eine 30-jährige Frau bei 1 zu 10.000. "Der Schritt zum Risiko der Nebenwirkung der Astra-Zeneca-Impfung von 1 zu 100.000 ist dann nicht mehr so groß, wie man ihn gerne haben möchte", sagt Carsten Watzl.
  • Das Nicht-Impfen von jungen Menschen mit Astra-Zeneca bedeutet nicht, dass sie gar nicht geimpft werden, sondern dass sie einen anderen Impfstoff erhalten.

Astra-Zeneca für Über-60-Jährige kein Problem

Während früher der Impfstoff von Astra-Zeneca eher für Jüngere reserviert war, lautet die Empfehlung jetzt, die Menschen damit zu impfen, die über 60 Jahre alt sind. Die Erfahrungen aus Großbritannien zeigen laut Carsten Watzl, dass der Impfstoff gut wirkt und bei den Älteren kein besonderes Risiko einer Hirnvenenthrombosen besteht. "Der Impfstoff von Astra-Zeneca ist ein wichtiger Baustein unserer Impfstrategie", sagt Carsten Watzl.

"Wir müssen logistisch das Maximale tun, um den Schaden so gering wie möglich zu halten."
Carsten Watzl, DGfI-Generalsekretär und Professor am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund

Obwohl der Astra-Zeneca-Impfstoff nach wie vor verimpft wird, könnte die neue Empfehlung, ihn den Älteren zuzuteilen, den Impffortschritt verlangsamen. "Jetzt müssen Termine umgelegt werden, Impfstoffe müssen anderen Personen zugeteilt werden – das wird die Impfung insgesamt etwas ausbremsen", sagt Carsten Watzl.

Der in Deutschland am meisten verfügbare Impfstoff von Biontech-Pfizer kann in allen Altersgruppen verimpft werden. Carsten Watzl geht davon aus, dass im Sommer in Deutschland insgesamt mehr Impfdosen zur Verfügung stehen, als es Menschen gibt, die geimpft werden können und wollen. Wie schnell das geht, hängt dann in erster Linie an der Impf-Logistik.

Shownotes
Risikoabwägung
DGfI: Astra-Zeneca-Verimpfung nur noch für Ältere "ist richtig"
vom 31. März 2021
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Carsten Watzl, DGfI-Generalsekretär und Professor am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund