Bald möchte Finnland das weltweit erste Atommüllendlager in Betrieb nehmen. Verständnis für den Atomausstieg Deutschlands gibt es dort nicht, berichtet ARD-Korrespondent Christian Blenker.

Für rund 100.000 Jahre soll der Atommüll dort sicher liegen: Finnland hat eine unterirdische Deponie für die Abfälle aus seinen Atomkraftwerken eingerichtet. Die Onkalo-Deponie soll für diese Zeitspanne dicht und sicher sein.

Es gilt als das weltweit erste Endlager für Atommüll. Christian Blenker, ARD-Korrespondent für Skandinavien und das Baltikum, war kürzlich vor Ort und beschreibt ein riesiges Labyrinth, 450 Meter tief unter Granitgestein. "Dort soll es in zwei bis drei Jahren losgehen", sagt er.

Kernenergie in Finnland

Das Lager liegt im Westen Finnlands in der Nähe der Ostsee. Und es befindet sich in unmittelbarer Nähe der drei Kraftwerke in Olkiluoto. Das jüngste – Olkiluoto 3 – ist mit gut einem Jahrzehnt Verspätung 2021 ans Netz gegangen, wird aber derzeit repariert (Stand Juni 2022). Die restlichen zwei weiteren finnischen Atommeiler sind sowjetischer Bauart und stehen an der finnischen Südküste in Loviisa.

Der Bau des Kraftwerks Hanhikivi unter Beteiligung des russischen Staatsunternehmens Rosatom ist abgebrochen worden. Ein erheblicher Teil des Uraniums für die finnischen Atommeiler kommt aus Russland. Insgesamt liefert Russland rund ein Fünftel des Urans für Kernkraftwerke in Europa (Stand 2020). Im April 2020 ist die Abhängigkeit der europäischen Nuklearindustrie von Russland in der Sendung Forschung Aktuell vom Deutschlandfunk umfassend beleuchtet worden.

Zustimmung für Endlagerung

Erste Schritte zum Bau des Onkalo-Endlagers sei Finnland bereits vor 40 Jahren gegangen, sagt Christian Blenker. Anders als in Deutschland begegneten die Menschen dem Thema Endlagerung tiefenentspannt: "Man kriegt eigentlich nur zustimmende Antworten."

Allgemein herrsche unter den rund 5,5 Millionen Finn*innen die Überzeugung, dass Atomkraft zum Energiemix dazugehören soll. Außerdem sei der Stromverbrauch in dem Land recht hoch. Beim Heizen spielen Wärmepumpen eine große Rolle, die recht viel elektrische Energie benötigen

"Man braucht mehr Licht. Die Menschen in Finnland sagen: Wir brauchen viel Strom."
Christian Blenker, ARD-Korrespondent für Skandinavien und das Baltikum, mit Sitz in Stockholm

In dem im Vergleich zu Finnland verhältnismäßig dichtbesiedelten Deutschland ist die Suche nach einem Atommüllendlager bekanntlich ohne Ergebnis abgebrochen worden. Für den bereits beschlossenen und langwierig ausgehandelten Atomausstieg Deutschlands, gebe es in Finnland kein Verständnis, sagt Christian Blenker.

"Man kann dieses Festhalten am Auslaufen der Atomkraft nicht verstehen."
Christian Blenker, ARD-Korrespondent für Skandinavien und das Baltikum, mit Sitz in Stockholm
Shownotes
Atomkraft in Finnland
"Wir brauchen viel Strom"
vom 24. Juni 2022
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Christian Blenker, ARD-Korrespondent für Skandinavien und das Baltikum, mit Sitz in Stockholm