Die Angst vor dem neuartigen Coronavirus führt offenbar dazu, dass manche Menschen mit asiatischem Aussehen gemieden oder diskriminiert werden. Unter dem Hashtag #ichbinkeinVirus werden die unschönen Erfahrungen in verschiedenen Social-Media-Plattformen geteilt.
Unter dem Hashtag #ichbinkeinvirus gibt es auf Twitter etliche Tweets von Betroffenen aus verschiedenen Ländern, die sich gegen Anfeindungen und Beleidigungen aufgrund ihres Aussehens wehren, das mit einer vermeintlichen Ansteckungsgefahr in Verbindung gebracht werde.
Doch auch auf anderen Plattformen im Netz berichten Menschen mit asiatischem Aussehen von Diskriminierung und Ausgrenzung. So schreibt zum Beispiel ein Asia-Supermarkt aus Köln auf Facebook, wie eine Mutter mit ihrer Tochter das Geschäft betritt. Die Tochter habe sich auf Anweisung der Mutter ihren Schal vors Gesicht ziehen sollen. Die Tochter habe dann gefragt, ob hier alle Chinesen krank seien. Die Mutter habe keine Antwort gegeben und beide hätten den Laden schnell wieder verlassen.
Auch Nhi Le, freie Journalistin mit vietnamesischen Wurzeln, berichtet von einer Situation in einer Straßenbahn, in der Menschen von ihr abgerückt seien und Platz gemacht hätten.
"Einige Leute sind dann von mir abgerückt, in eine andere Richtung gegangen, haben Platz gemacht. Und ich hab mir erst gedacht, vielleicht ist es einfach nur Zufall, vielleicht haben die aber auch Angst vor mir."
Auf der einen Seite gibt es offenbar diese mal unterschwelligen, mal offenen Ausgrenzungen. Auf der anderen Seite haben die Menschen Angst, sich anzustecken. Selbst wenn diese Angst übertrieben ist, ist sie real. Aber: Was ist noch Angst und was schon Rassismus?
Für Nhi Le ist die Sache klar: Angst vor dem neuen Coronavirus sei das eine, aber alle Asiatinnen und alle Asiaten zu meiden, überschreite definitiv eine Grenze. Nhi Le glaubt, dass manche Menschen die Angst vor Ansteckung dazu nutzen, um ihren schlummernden Rassismus zu äußern.
"Ich glaube aber auch, dass viele den Coronavirus tatsächlich nutzen, um schon so schlummernden Rassismus zu äußern."
Lin Hierse ist Redakteurin bei der taz und hat chinesische Wurzeln. Sie berichtet in Deutschlandfunk Kultur, dass der Rassismus gegenüber Chinesen eine lange Geschichte habe – zum Beispiel das Narrativ von der gelben Gefahr, das es schon Ende des 19. Jahrhunderts gab.
Medien haben Mitschuld an der Situation
Auch manche Medien tragen ihren Teil dazu bei, dass sich Narrative oder Klischees in den Köpfen der Menschen verfestigen. So titelt der Spiegel diese Woche mit einem Bild von einem Asiaten mit Atemschutzmaske in fetter gelber Schrift "Made in China".
Die Bild fragt: "Darf ich noch Glückskekse essen?" Die französische Zeitung Courrier Picard titelte mit der Schlagzeile "Alerte jaune", auf deutsch "gelber Alarm“. Mittlerweile hat sich die Zeitung dafür entschuldigt. Aufmachungen dieser Art seien sehr schräg, meint Lin Hierse.
"Made in China, um zu suggerieren, hey, dieses Virus, das wurde in China gemacht und kommt jetzt hierher, da ist ganz viel schräg."
Wie schräg es ist, sich jetzt vor allen Asiaten zu fürchten, zeigt sich, wenn wir das Ganze mal umdrehen. Fast alle Deutschen, die bisher am Virus erkrankt sind, sind Mitarbeiter eines Automobilzulieferers aus der Nähe von München. Vermutlich kommt aber niemand auf die Idee, ab jetzt Menschen aus Bayern zu meiden, findet Johannes Döbbelt.
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