Es gibt immer weniger Bäder in Deutschland. Viele sind marode, dazu kommen steigende Strom- und Wasserkosten. Zusätzlich trifft die Corona-Krise die Bäder hart.

In den vergangenen 17 Jahren sind durchschnittlich 80 Schwimmbäder pro Jahr geschlossen worden, sagt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Im Schnitt macht also alle vier Tage ein Bad dicht.

Kommunen können sich Bäder nicht mehr leisten

Die Kommunen sagen: Wir haben einfach kein Geld für die Bäder. Diese Aussage will die DLRG auch gar nicht bestreiten, sagt ihr Pressesprecher Achim Wiese. Ein Schwimmbad sei für eine Kommune in der Regel ein Verlustgeschäft.

"Ein Schwimmbad kostet Geld. Betriebswirtschaftlich rechnet sich ein Bad nicht, darüber müssen wir uns alle im Klaren sein."
Achim Wiese, Pressesprecher der DLRG

Viele Kommunen neigen dazu, zwei kleine durch ein großes Bad zu ersetzen – oder gleich das Schwimmbad durch ein Spaßbad zu ersetzen. Nicht wenige müssen die Bäder aber eben auch ganz schließen.

Bäder als Daseinsvorsorge

Doch auch ein Theater oder eine Bibliothek würden sich betriebswirtschaftlich nicht rechnen. Im Grunde genommen tun das auch die Schulen nicht, so Achim Wiese. Doch das sei Daseinsvorsorge – und genau dazu zählten auch die Schwimmbäder: Wenn Kommunen keine Möglichkeit zur Schwimmausbildung bieten, tragen sie eine Mitverantwortung, wenn Menschen ertrinken, so die DLRG.

Schwimmen ist ein Kulturgut, das habe die Kultusministerkonferenz einstimmig beschlossen. Ein Schwimmbad sei eine Sport- und Freizeitstätte, aber eben auch eine soziale und eine Bildungsstätte. Wer heute nicht schwimmen könne, werde zum Teil sogar schon ausgegrenzt. Schwimmen – und somit auch das Schwimmbad – seien Teilhabe.

Corona ist teuer für die Kommunen

Inwiefern die Coronavirus-Pandemie zum Bädersterben beigetragen hat, könne noch nicht sicher gesagt werden, so Achim Wiese. Da die Pandemie die Haushalte der Kommunen sehr stark belastet, sei allerdings zu befürchten, dass noch mehr marode Bäder nicht saniert werden.

"Corona belastet unsere Stadtkasse – da streichen wir als erstes das Bad. Diese Befürchtung haben wir in der Tat."
Achim Wiese, Pressesprecher der DLRG

Am sinkenden Interesse der Menschen liegt es auf jeden Fall nicht, dass die Bäder schließen: Schwimmen oder sich im und auf dem Wasser bewegen – also etwa Stand-up-Paddling, Schlauchboot fahren oder auf der Luftmatratze liegen – ist die zweitliebste Beschäftigung der Menschen in Deutschland nach dem Radfahren, sagt Achim Wiese. Er spricht von 24 Millionen Menschen, die sich damit in irgendeiner Art beschäftigen.

Interesse an den Bädern ist hoch

Ohne Bäder, in denen die Menschen schwimmen lernen können, können sie ihrem Hobby nicht nachgehen. Fußball spielen könnten Kinder auch vor der Garage lernen.

Bundesweit seien kurzfristig etwa 4,5 Milliarden Euro nötig, um alle Bäder sanieren zu können – langfristig zehn Milliarden, so die DLRG. Sie fordert einen runden Tisch für Bund, Länder, Kommunen und die Nutzenden, für die auch die DLRG teilnehmen würde.

Dort müssten Fragen analysiert werden wie: Wo brauchen wir Bäder? Welche Bäder brauchen wir? Wer muss Zugang zu ihnen haben? Dass jede Kommune, wie noch in den Sechzigerjahren, ihr eigenes Bad braucht, ist gar nicht nötig, sagt Achim Wiese.

Shownotes
Schwimmen in Deutschland
Das große Bädersterben
vom 07. September 2020
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Achim Wiese, Pressesprecher der DLRG