In den USA werden Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, mit Blutplasma behandelt. Ob das Verfahren wirklich hilft, ist noch nicht bewiesen. Trotzdem hat Donald Trump eine Notfall-Genehmigung bewilligt, die wohl nicht ganz zufällig genau jetzt in Kraft tritt.

Donald Trump spricht von einem historischen Durchbruch. Covid-19-Patienten dürfen in den USA nun per Notfall-Genehmigung des US-Präsidenten mit Blutplasma behandelt werden. Bekannte Persönlichkeiten wie Tom Hanks und "Breaking-Bad"-Star Bryan Cranston haben die Krankheit bereits überstanden und spenden ihr Blut, das mit Antikörpern angereichert ist.

"Das Verfahren ist schon Ende des 19. Jahrhunderts von dem deutschen Arzt Emil von Behring entdeckt und entwickelt worden."
Matthis Dierkes, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten

Dieses Verfahren gibt es schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts: Das gespendete Blut wird verarbeitet. Die roten Blutkörperchen und die Blut-Zellen werden aus dem Blut entfernt. Übrig bleibt eine trübe, gelbliche Flüssigkeit – die Plasma-Flüssigkeit.

Dieses gelbliche Blutplasma kann schwer Erkrankten per Transfusion verabreicht werden. So werden dem Immunsystem Antikörper zugeführt, die der Körper nicht mehr selbst herstellen muss. Das soll zur Heilung beitragen.

Diphtherie-Patienten erfolgreich behandelt

Entwickelt wurde das Verfahren von dem deutschen Arzt Emil von Behring. Er hat Diphtherie-Patienten mit dem Blutplasma erfolgreich behandelt und dafür den Nobelpreis erhalten.

Seitdem ist die Blutplasma-Behandlung gegen mehrere Krankheiten eingesetzt worden. Zum Beispiel bei der Spanischen Grippe oder bei dem Ebola-Ausbruch vor ein paar Jahren in Westafrika.

Wirksamkeit von Blutplasma gegen Covid-19 nicht bewiesen

Es gibt bereits einige Studien, die sich damit beschäftigen, ob Covid-19-Erkrankte, die mit Blutplasma behandelt werden, bessere Heilungschancen haben. Mehrere Tausend Covid-19-Patienten haben daran teilgenommen. Es gibt Hinweise dafür, dass schwer kranke Patienten etwas häufiger überleben, wenn ihnen Blutplasma transfundiert wird. Allerdings spricht die Wissenschaft von Hinweisen. Bewiesen ist das bisher noch nicht.

Studien wurden noch nicht geprüft

Damit eine Studie wissenschaftlich anerkannt wird, muss sie zuerst von unabhängigen Forschenden überprüft werden. Bei den Studien, die erforschen, wie wirksam Blutplasma bei der Behandlung von Covid-19 ist, ist das bisher noch nicht passiert.

Bei manchen Studien ist auch die Methodik teilweise unklar. Beispielsweise wurden Patienten zwar mit Blutplasma behandelt, gleichzeitig aber noch mit anderen Methoden. In diesen Fällen ist nicht sicher, wie sehr das Blutplasma zur Heilung beigetragen hat. Aktuell laufen auch in Deutschland Studien dazu, die noch nicht abgeschlossen sind.

Kurz: Dass eine Blutplasma-Transfusion bei einer Covid-19-Erkrankung hilft, kann bisher nicht wissenschaftlich belegt werden.

"Dass dieses Notfall-Genehmigung gerade heute kommt, das ist wohl auch kein Zufall. Heute fängt der Parteitag der Republikaner an, und da will Trump sicher gute Nachrichten im Kampf gegen Corona verbreiten können."
Matthis Dierkes, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten

Politisches Signal zu Beginn des Republikaner-Parteitages

In den vergangenen Wochen sind in den USA schon zehntausend Menschen mit Plasma behandelt worden. Dafür wurden bisher Sondergenehmigungen benötigt. Durch die Entscheidung des US-Präsidenten Trump sind solche Genehmigungen nicht mehr notwendig. Dank einer Notfall-Genehmigung wird der Handel mit Plasma vereinfacht. Eine offizielle Zulassung durch die Arzneimittelbehörde ist erst zu erwarten, wenn man mehr über die Blutplasma-Behandlung weiß.

Dass die Notfall-Genehmigung gerade zu Beginn des Parteitages der Republikaner kommt, wird von Beobachtern als politisches Signal gewertet. Denn Donald Trump kann im laufenden Wahlkampf wohl seine Position stärken, wenn er bei der Bekämpfung des neuartigen Coronavirus mit positiven Nachrichten punktet.

Shownotes
Kampf gegen Covid-19
Ob Blutplasma wirklich hilft, ist noch nicht bewiesen
vom 24. August 2020
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Matthis Dierkes, Deutschlandfunk Nova