Im Netz haben es Kriminelle schon länger auf Besitzerinnen und Besitzer von Kryptowährungen abgesehen. Die Betrugsmaschen und die Zahl der Opfer nehmen zu. Aber auch im realen Leben kommt es immer öfter zu Verbrechen – teils äußerst brutal.
Entführung, Erpressung, Raub: Mehrere Verbrechen im Zusammenhang mit Kryptowährungen haben zuletzt für Schlagzeilen gesorgt. Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter Michael Gessat berichtet von einem besonders krassen Fall:
"Erst kürzlich versuchten Kriminelle auf offener Straße in Paris – vor laufenden Überwachungskameras – die Tochter des Chefs der Kryptohandelsbörse Paymium in einen Lieferwagen zu zerren und zu entführen. Ihr Ehemann hat sich dann dazwischen geworfen und konnte das zusammen mit anderen Eingreifenden noch verhindern." Anfang Mai gab es einen ähnlichen Fall in Paris.
"In Paris wurde der Vater eines Kryptomillionärs entführt. Die Täter schnitten ihm einen Finger ab, um den Sohn zu einer Lösegeldzahlung zu erpressen. Die Polizei konnte das Opfer befreien."
Auch im Januar kam es auch schon zu einer krassen Entführung: Getroffen hat es damals den Gründer des Kryptowallets Ledger, der in der französischen Provinz zusammen mit seiner Partnerin unterwegs war. "Auch ihm wurde ein Finger abgetrennt, die Lösegeldforderung ging an seine Kollegen. Die beiden konnten befreit bzw. aufgefunden werden", erzählt Michael.
"Hunderte Millionen Dollar hängen an einem Passwort"
Neben solchen Entführungsfällen kam es in den vergangenen Jahren auch zu diversen Überfällen auf Kryptowährungsbesitzer in ihren Wohnungen in Frankreich und in den USA, berichtet unser Reporter:
"Mit vorgehaltener Waffe oder eben auch tatsächlich mit Folter wurden sie dazu gebracht, das Passwort zu ihrem Kryptobörsenzugang oder zu ihrer Hardwarewallet herauszugeben. Man muss sich ja klarmachen: Das komplette Vermögen, unter Umständen hunderte Millionen Dollar, hängt nur an diesem Passwort."
Weniger Risiko bei Krypto-Delikten
Die Vorteile für die Kriminellen: Sie müssen zu keiner Bank fahren, es gibt kein Überweisungslimit, keine komplizierte und risikoreiche Bargeldübergabe. Und: "Wenn die Täter das Vermögen nach Herausgabe des Passworts auf ein eigenes anonymes Kryptokonto transferieren, ist das weg – das ist nicht wieder rückgängig zu machen", erklärt Michael Gessat.
"Wer bekannt macht oder gar im Internet damit prahlt, ein Krypto-Multimillionär zu sein, das ist identisch mit einer globalen Zeitungsanzeige: 'Ich sitze hier in meiner Wohnung mit zig Millionen Bargeld bzw. fahre damit in der Hosentasche herum.'"
Es bestehen große Sicherheitslücken, die Kriminellen in die Hände spielen, findet unser Reporter: "Naheliegenderweise werden die sich eher Leute mit bekannt großem Vermögen als Opfer aussuchen, als den Anleger mit ein paar tausend Euro Krypto."
"Aber einen richtigen Schutz für exponierte Leute gibt es eigentlich nicht", ergänzt er, "außer die Verstärkung von Sicherheitsmaßnahmen zuhause und so etwas wie direkte Notfallleitungen zur Polizei." Solche Notfallleitungen werden beispielsweise zurzeit in Frankreich angeregt.
Hackerangriffe auf Kryptobörsen und -wallets
Auch im Netz kommt es immer wieder zu Kryptoverbrechen: Zuletzt gab es einen Hackerangriff auf die Kryptobörse Coinbase. Dabei wurden Kontostände und zugehörige Adressen von 97.000 Kunden abgegriffen. Bei dem Kryptowallet Ledger kam es 2020 zu einem ähnlichen Hackerangriff, bei dem Email- und postalische Adressen von 270.000 Kunden gestohlen worden sind.