Wenn es nach der Regierung von Evo Morales geht, dann sollen schon bald bolivianische Akkus in Elektroautos und Smartphones stecken. Dafür investiert Bolivien im Moment sehr viel Geld und betreibt Pilotanlagen rund um den Salar de Uyuni, den größten Salzsee der Erde. Wie es aber - jenseits der vollmundigen Versprechen - wirklich um das Projekt steht, hat Christoph Sterz recherchiert.

"Lithium ist ein riesiger Zukunftsmarkt."
Christoph Sterz, DRadio Wissen

Sechs Wochen war er in Bolivien unterwegs - ausgestattet mit einem Stipendium der Heinz-Kühn-Stiftung. Während seiner Reise schrieb er auch in einem Blog von seinen Erlebnissen. In der DRadio Wissen Redaktionskonferenz erzählt Christoph von abenteuerlichen Schlamm-Fahrten, der tückischen Höhenkrankheit und dem ewigen Warten auf Interviewpartner.

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Bolivianische Bodenschätze

Während der Kolonialzeit wurde Bolivien extrem ausgebeutet. Die Spanier räumten zum Beispiel einen Berg voller Silber leer. Nach wie vor gibt es aber Bodenschätze, die nicht mitgenommen wurden - allen voran: Lithium. In Bolivien gibt es das vermutlich größte Lithium-Vorkommen der Welt. Man braucht es für Smartphone-Akkus, in Zukunft aber vor allem für Elektroautos.

"Ausländische Imperialisten"

Die Angst vor "Drohungen, Sanktionen und dem ständigen Einmischen der ausländischen Imperialisten" hätten sie verloren, sagt Luis Alberto Echazú, der Chef des staatlichen Lithium-Projekts. Alle Länder hätten das Recht, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und zum Beispiel ihre Bodenschätze weiterzuverarbeiten.

"Die Zeit, in der viele Länder nur die Rohstoffe geliefert - und ganz wenige Staaten die Welt dominiert haben, ist vorbei.“
Luis Alberto Echazú, Chef des staatlichen Lithium-Projekts

Der Rohstoff-Klau soll soll sich also nicht wiederholen. Bolivien will das Lithium komplett in Eigenregie abbauen - und selbst Lithium-Akkus herstellen. Im April 2008 wurde ein entsprechendes Dekret unterzeichnet. Seitdem ist die Industrialisierung des Salar de Uyuni eine nationale Priorität.

Christoph Sterz am Salar de Uyuni
© Christoph Sterz / DRadio Wissen
Christoph Sterz an einem der Pools am Salar de Uyuni
"Lithium ist ein wichtiger Rohstoff für die Zukunft. Die bolivianischen Akkus, für die hier geforscht wird, könnten aber viel zu teuer für den Markt werden. Das ist kaum absehbar."
Christoph Sterz, DRadio Wissen

Weit im Zeitplan zurück

Eigentlich sollte schon seit über drei Jahren Lithiumkarbonat in großer Menge produziert werden - 40 Tonnen pro Monat. Stattdessen wurden bis Ende letzten Jahres insgesamt lediglich zwölf Tonnen fertig. Im Salzsee gibt es mehrere Hektar große Pools. In die wird Salzwasser reingepumpt und dann von Sonne und Wind getrocknet. Diese Technik, für die sich die Regierung entschieden hat, ist aber extrem umstritten. Am Salar de Uyuni regnet es nämlich ungefähr drei Monate im Jahr. Im Zweifel ist die ganze Lithium-Ernte futsch.

Kein ganzheitlicher Ansatz

Für Milton, Christophs Gastgeber, ergibt das Vorgehen der Regierung keinen Sinn. Denn sie sei ausschließlich auf das Lithium fixiert. Um Stoffe wie Bor, Kalium, Magnesium oder Natrium kümmere sie sich nicht. Dabei bräuchte die Region ein Projekt, das sich den Salzsee als Ganzes vornimmt. Ansonsten sei das keine nachhaltige Entwicklung.

"Das ist so, als würde man bei einem Menschen nur den linken Arm wachsen lassen, während der rechte Arm so groß bleibt wie bisher – man züchtet sich ein Monster heran."
Milton, Christophs Gastgeber
Salar de Uyuni, Bolivien
© Christoph Sterz / DRadio Wissen
Einheimische am Salar de Uyuni

Kritik am fehlenden Umweltschutz

Problematisch ist vor allem der große Wasserverbrauch in der extrem trockenen Region - der ärmsten Gegend Boliviens. Das ist vor allem schwierig, weil die umliegende Bevölkerung vom Quinoa-Anbau lebt, zum Beispiel in der Stadt Llica. Trotzdem ständen die meisten Bewohner dem Lithium-Projekt positiv gegenüber, berichtet Christoph. Weil sie sich Arbeitsplätze erhofften. Der Bürgermeister von Llica sieht das allerdings anders.

"Sie werden uns zerstören durch dieses Projekt. Viele Touristen kommen hierher, weil sie den Salzsee so sehen wollen, wie er immer war: unverändert, ohne dass er von irgendwelchen Industrieanlagen verschandelt wird."
Fausto García López, Bürgermeister von Llica