Nach einem Brand ist das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos fast vollständig zerstört. Bislang gibt es keine Notunterkünfte für die rund 12.600 Menschen, die obdachlos geworden sind. Bewohner und Bewohnerinnen auf Lesbos bauen Barrikaden, um die Geflüchteten fernzuhalten.

In der Nacht zum 9. September stand das Flüchtlingslager Moria in Flammen. Dort lebten rund 12.6000 Menschen, angelegt war das Camp für knapp 3000. Es ist fast vollständig zerstört.

Das Flüchtlingslager Moria ist fast vollständig abgebrannt: Das Foto zeigt verkohlte Überreste von Zelten und geschmolzene Wohncontainer (10.09.2020)
© imago images I ANE Edition
Von den meisten Zelten in Moria sind nur verkohlte Überreste geblieben, die Wohncontainer sind geschmolzen.

Nach dem Feuer mussten die Menschen aus Moria auch die zweite Nacht auf den Straßen verbringen, so unser Griechenland-Korrespondent Thomas Bormann. Bislang fehlt es an Notquartieren. Die Behörden haben ein Fährschiff in der Hafenstadt Sigri, im Westen der Insel Lesbos, anlegen lassen – auf dem Schiff könnten tausend Flüchtlinge untergebracht und versorgt werden.

"Es gibt kein Notquartier. 12.000 Menschen müssen unter freiem Himmel übernachten."
Thomas Bormann, ARD-Korrespondent in Griechenland

Doch Bürger und Bürgerinnen der Kleinstadt Sigri verhinderten, dass die Flüchtlinge zum Schiff gelangen, so unser Korrespondent: "Sie haben eine Straßenbarrikade aufgebaut und lassen niemanden durch." Solche Barrikaden gibt es nicht allein in Sigri. Wo immer die Behörden zum Beispiel Zelte aufschlagen wollen, gäbe es Widerstand. "Sofort wird die Straße blockiert und verhindert, dass Notquartiere entstehen", sagt Thomas Bormann.

Auf der Insel Lesbos haben Bewohner eine Straßenblockade errichtet; zwei Lkw stehen quer auf der Straße; ein Mann mit Mundschutz steht davor (10.09.2020)
© Kostis Ntantamis I Sputnik I dpa
Auf Lesbos errichten Bewohner und Bewohnerinnen Blockaden. Damit verhindern sie auch, dass Notquartiere entstehen können.

Schon vor dem Brand waren viele Bewohner und Bewohnerinnen gegen das Lager. Nun komme die Angst dazu, dass es zu einem Corona-Ausbruch kommen könnte, so unser Korrespondent.

Nach der Zerstörung von Moria: Angst vor Corona-Ausbreitung

Denn vor dem Brand des Flüchtlingslagers waren 35 Menschen im Camp positiv auf Corona getestet worden. Im Moment ist nicht nachvollziehbar, wo sich die Infizierten aufhalten. "Unter den Insulanern ist die Angst groß, dass mit den Flüchtlingen das Corona-Virus kommt", sagt Thomas Bormann. Doch die Frage ist, ob es dann hilfreich ist, Hilfsmaßnahmen zu verhindern wie zum Beispiel den Zugang zu einem Schiff.

"Die Lage auf Lesbos ist sehr angespannt. Man weiß nicht, was passieren wird."
Thomas Bormann, ARD-Korrespondent in Griechenland

Aufgrund der angespannten Lage hat sich die Polizei Verstärkung geholt. "Mit der Nachtfähre sind mehrere Hundertschaften Polizisten vom Festland gekommen. Auch zwei Wasserwerfer waren dabei", berichtet Thomas Bormann.

Im Moment ist unklar, ob die Polizeiverstärkung dafür gedacht ist, im Notfall Flüchtlinge in Schach zu halten oder die Einwohner und Einwohnerinnen auf Lesbos, so unser Korrespondent.

Hinweis: Es gibt immer wieder neue Informationen zum Brand und zur Lage auf Lesbos. Aktuelle Informationen findet ihr bei den Dlf-Nova-Nachrichten und bei den Nachrichten des Deutschlandfunks.

Shownotes
Abgebranntes Flüchtlingslager
Moria: Straßenbarrikaden statt Notunterkünfte
vom 11. September 2020
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Thomas Bormann, ARD-Korrespondent in Griechenland