Daten sind das, was Unternehmen wie Amazon und Meta groß und deren Gründer reich gemacht haben. Was wäre aber, wenn wir Nutzer unsere Daten nicht kostenlos hergeben, sondern Geld dafür bekommen würden? In Brasilien wird genau das ausprobiert.
Daten, Daten, Daten – alle wollen sie. Und viele verdienen mit ihnen Geld: von Techfirmen wie Google, Facebook, Amazon, Apple oder Microsoft bis hin zu Big-Data-Unternehmen sowie KI- und Machine-Learning-Firmen. Nur wir, die eigentlichen Datenlieferant*innen, haben von diesem Reichtum nichts.
In Brasilien soll sich das jetzt ändern. Als erstes Land der Welt will es Bürger*innen ermöglichen, mit ihrem digitalen Fußabdruck Geld zu verdienen. Dafür hat Brasilien das Pilotprojekt dWallet gestartet. DLF-Nova-Reporterin Martina Schulte hat sich das genauer angeschaut.
Menschen entscheiden selbst, welche Daten sie verkaufen
Kernstück des Projekts ist, wie das US-Techblog "Rest of world" berichtet, eine virtuelle Geldbörse, mit der man Zahlungen oder digitale Ausweise auf seinem Handy speichern und verwalten kann. Das Besondere an der Data Wallet ist aber, dass dort statt Geld die eigenen persönlichen Daten hinterlegt werden.
In dem Pilotprojekt werden zunächst Daten zu persönlichen Krediten gespeichert, die direkt vom Lohn abgezogen werden. Das ist etwas sehr Typisches in Brasilien, erklärt Martina: "Dort nehmen sehr viele Menschen Kredite von Banken in Anspruch, die in den folgenden Monaten dann direkt vom Gehaltscheck abgezogen werden." Und die Daten zu diesen Krediten können Bürger*innen in ihre Daten-Wallets "einzahlen".
In Zukunft könnten weitere Daten hinzukommen, sagt das US-Start-up Drumwave, das das brasilianische Pilotprojekt technisch realisiert. Das könnten etwa Daten zur Geolocation sein, also Angaben dazu, an welchem Ort jemand ist. Oder Informationen dazu, was jemand gekauft, gegessen oder getrunken hat.
"Die brasilianische Regierung will das Eigentumsrecht an den Daten in einem begleitenden Gesetz so regeln, dass die Rechte an den Daten in der dWallet vollständig bei den einzelnen Bürger*innen bleiben."
Aktuell läuft es mit unseren Daten so, erklärt Martin Schulte: Wir sind im Netz unterwegs, Unternehmen wie Google oder Meta sammeln unsere Daten und verkaufen sie an Werbefirmen weiter. Dabei geben wir unsere Daten umsonst an die Tech- und KI-Firmen ab.
Die dWallet hingegen würde – so die Idee – für unsere Daten eine Gegenleistung in Form von Geld anbieten. Und ähnlich wie im Internet, wo wir Cookies akzeptieren oder ablehnen können, gäbe es bei dWallet die Möglichkeit, sich für oder gegen einen Datenverkauf zu entscheiden.
Kritik von Datenschutzaktivisten
Die staatliche brasilianische Behörde Dataprev, die das Pilotprojekt durchführt, will so ein "Dateneigentumsmodell" schaffen, das finanzielle Inklusion fördert. Doch Kritiker fürchten, dass die Monetarisierung von Daten schutzbedürftige Menschen dazu drängt, ihre Privatsphäre vorschnell aufzugeben.
Die Befürchtung: Menschen in prekären Situationen könnten dazu leichter Ja sagen. Zudem ist auch die Frage offen, wie viel Geld Datenhändler oder Werbefirmen überhaupt bereit wären, für die Daten nicht sehr solventer Menschen zu zahlen.
"Wir gestatten den Bürgern eines Landes, in dem die Hälfte nicht lesen kann, ihre Daten gegen eine bestimmte Gebühr zu verkaufen.”
Von den Big Playern wie Google oder Meta gibt es zu dem Data-Wallet noch keine offiziellen Statements. Martina Schulte schätzt, dass die großen Tech-Firmen das nötige Kleingeld hätten, um für die Daten zu zahlen.
"Problematisch dürfte es eher für kleinere Firmen werden, die nicht so einen großen finanziellen Spielraum haben", gibt sie aber zu Bedenken. Das heißt, so Martina Schulte, dass das Projekt im Ergebnis auch dazu führen könnte, dass es beim Zugang zu Daten weniger Inklusion gibt als vorher.
