Die erfolgreichste Late-Night-Show der USA wird gestrichen. Laut Sender aus finanziellen Gründen. Doch kurz vorher hatte Moderator Stephen Colbert US-Präsident Trump öffentlich verspottet. Wir klären, was das für die Meinungsfreiheit in den USA heißt.
Für ihn ist er der Comedian mit den besten Gags. Michael Böddeker ist Redakteur bei Deutschlandfunk Nova und privat ein Riesenfan von Stephen Colbert. "Es ist einfach noch ein bisschen smarter als andere. Er macht nicht den naheliegendsten Witz, sondern einen, der noch weitergedacht ist."
The Late Show ist in Deutschland nicht ganz so bekannt, in den USA aber ist sie eine Institution und darüber hinaus die quotenreichste Late Show im ganzen Land. Zuvor wurde sie von Fernsehlegende David Letterman moderiert, 2015 übernahm sie dann Stephen Colbert. Er ist Satiriker durch und durch, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Jana Niehoff.
"Stephen Colbert nimmt Politiker beider Lager aufs Korn, auch wenn Republikaner bei ihm häufiger in der Schusslinie stehen."
Auch Donald Trump, der selbst bei Colbert zu Gast war, wird immer wieder Ziel seiner Kritik. So scheute der Moderator auch nicht davor zurück über einen Deal zu sprechen, den CBS mit dem US-Präsidenten ausgehandelt haben soll.
Die Deutschlandfunk-Korrespondentin in Washington - Doris Simon - erklärt, worum es geht: Trump hatte CBS verklagt, weil der Sender Kamala Harris während des Wahlkampfs durch einen Schnitt in einem Interview bewusst in ein gutes Licht gerückt haben soll. Medienexperten meinen, dass CBS große Chancen gehabt hätte, den Rechtsstreit zu gewinnen. Doch Paramount, der Mutterkonzern von CBS, hatte sich mit Trump außergerichtlich geeinigt und ihm wohl 16 Millionen Dollar gezahlt.
Der Grund für die Einigung sei, so Stephen Colbert, dass das Unternehmen eine Genehmigung von der Regierung, also von Trump, braucht, um mit einem anderen Medienunternehmen fusionieren zu dürfen. In seiner Show nannte Colbert das: "a big fat bribe", also eine fette Bestechung. Und nur drei Tage später kündigte CBS die Absetzung seiner Show an.
Colberts Fans, Stars wie Schauspielerin Jamie Lee Curtis und demokratische Politiker*innen kritisieren die Entscheidung. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren spricht sogar von politisch motivierter Zensur.
Donald Trump hingegen, berichtet Reporterin Jana Niehoff, feierte auf seiner Plattform Truth Social, dass Colbert gefeuert wurde und meinte, dass Jimmy Kimmel der Nächste sein könnte. Das könnte als Seitenhieb auf einen weiteren Late-Night-Moderator verstanden werden kann, der ebenfalls Trump-Kritiker ist.
CBS: zu geringe Werbeeinnahme als offizielle Begründung
CBS nennt wirtschaftliche Gründe für die Absetzung. Tatsächlich sind die Werbeeinnahmen für Late-Night-Shows seit Jahren rückläufig. "In den letzten sieben Jahren haben sie sich nahezu halbiert", erklärt USA-Korrespondentin Doris Simon. Das liege vor allem daran, dass junge Menschen weniger lineares Fernsehen schauen. Gleichzeitig betont die Korrespondentin, dass Colberts Show immer noch ein Millionenpublikum erreiche. Und wenn die jungen Zuschauer etwas im Fernsehen gucken, dann eher Late-Night-Shows als alles andere.
"Colberts Show hat immer noch die besten Quoten unter den Late-Night-Formaten. Paramount hat im ersten Quartal sogar ein leichtes Plus von 0,3 Prozent gemacht. Das ist kein Einbruch."
Late-Night-Shows als politisches Sprachrohr
In den USA sind Late-Night-Shows mehr als Unterhaltung, erklärt Doris Simon. Sie seien vor allem für ein progressiveres Publikum eine Möglichkeit, sich jenseits von Nachrichtensendungen mit dem aktuellen politischen Geschehen auseinanderzusetzen. Sie greifen Themen wie Korruption, Klimakrise oder Desinformation auf – und das auf eine zugängliche Art.
Laut der Journalistin scheinen sich die Shows aber auch selbst als Gegengewicht zu konservativen Medien wie Fox News zu verstehen. Genau das scheint Colbert nun zum Verhängnis zu werden. Denn Trump hat kritischen Medien offen den Kampf angesagt.
Ob tatsächlich weitere Late-Night-Hosts wie Jimmy Kimmel abgesetzt werden, sei nicht absehbar. Doch mit dem Fall Colbert existiert nun eine Blaupause, findet Doris Simon. Wer weiß, wie andere Sender reagieren werden, falls sie unter Druck geraten oder sich entscheiden müssen, ob sie einen Konflikt mit dem US-Präsidenten eingehen.
"Es geht nicht nur darum, Stephen Colbert abzusägen, sondern auch um andere Hosts. Dann wäre es das Ende von kritischen Stimmen."
Die Absetzung von Stephen Colberts Show wirft Fragen auf über Pressefreiheit, politischen Einfluss und die Zukunft der Satire in den USA. Und Colbert? Der reagierte nach der Entscheidung umgehend in seiner Show mit bissigem Humor: "They made one mistake. They left me alive." (dt. Übersetzung: "Sie haben einen Fehler gemacht. Sie haben mich am Leben gelassen.")
Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an unboxingnews@deutschlandradio.de
