US-Präsident Trump will die Harvard Universität für Studierende aus dem Ausland dichtmachen. Was steckt dahinter? Und wie fühlt sich das an, wenn ein Visum plötzlich auf der Kippe steht?
Knapp 7.000 Studierende an der Harvard Uni kommen aus dem Ausland. Das sind zwischen einem Viertel und einem Drittel aller Studierender in Harvard. Einer von ihnen ist Michael Gritzbach. Für ihn ist das Studium an der Elite-Uni ein Kindheitstraum, der im krassen Gegensatz zu seiner Schulkarriere stand. Mit Ach und Krach hat er damals seinen Hauptschulabschluss geschafft.
Der Traum vom Harvard-Studium
Nach dem Fachabi hatte er im Bachelorstudium die Chance, für ein Auslandssemester nach Harvard zu gehen. Jetzt studiert er dort im Master Public Administration und weiß von seinen Kommilitonen, was sie alles auf sich nehmen, um in Harvard studieren zu können. Unter anderem Kredite: ein Masterstudium kann rund 180.000 US-Dollar kosten.
Jetzt grätscht US-Präsident Trump harsch in die Studierendenträume und will Harvard verbieten, ausländische Studierende aufzunehmen. Bereits eingeschriebene Studierende wie Michael sollen sich an anderen Unis einschreiben, andernfalls würden sie ihr Aufenthaltsrecht verlieren. Die Nachricht hat Michael in den Semesterferien hier in Deutschland erreicht.
Harvard hofft auf US-Justiz
Michael nimmt die Nachricht gelassen auf, denn dass diese Maßnahme kommen soll, wusste er, weil er im Studierendenparlament ist. Das Gremium steht im engen Kontakt zur Uni-Führung, dort waren die Pläne Trumps bekannt. Diese hatte bereits die rechtlichen Schritte geprüft und geht nun auch juristisch gegen die Maßnahmen der US-Regierung vor.
"Wir wussten aber auch, dass wir sehr wahrscheinlich gewinnen würden vor Gericht, solange Trump sich nicht entscheidet, Gerichte zu ignorieren."
Doch schon jetzt spüren Harvard-Studierende aus dem Ausland Repressalien der Trump-Regierung. Michael berichtet von Kommilitonen, die nach einer Studienreise im Ausland zurück in die USA kehren wollten und stundenlang in der Einreisekontrolle aufgehalten wurden.
"Das ist schon sehr beklemmend. Man studiert an einer Universität und weiß, dass der Präsident dieses Landes einen am liebsten überhaupt nicht im Land sehen würde."
Vor allem seit der Verhaftung von Rumeysa Öztürk auf offener Straße, die an der Tufts Universität bei Boston im Bundesstaat Massachusetts promoviert, ist die Angst unter den ausländischen Studierenden groß, sagt Michael. Insbesondere Studierende, die an Demos teilgenommen haben, fürchten dass ihnen das Visum entzogen wird. So wie im Fall der türkischen Doktorandin.
Die Unis wurden dazu aufgefordert, die Namen der Studierende zu nennen, die an propalästinensischen Demos teilgenommen hatten. Harvard hat sich dem aber verweigert. Das ist einer der Gründe, warum Trump jetzt massiv gegen die Elite-Uni vorgeht. Bereits im April sollte Harvard dem Heimatschutzministerium Unterlagen zu den ausländischen Studierenden übermitteln.
Kulturkampf gegen liberale Institutionen
Und es ist auch nicht die erste Maßnahme, die Trump gegen Harvard angekündigt hat. Der US-Präsident droht damit, der Uni Fördermittel zu entziehen und hat das teilweise auch umgesetzt.
"Harvard soll bestraft werden", sagt Doris Simon, Dlf-Korrespondentin in den USA. Es sei ein Kulturkampf, hinter dem noch andere Kräfte außer die US-Regierung stehen. Harvard sei eine reiche liberale Bastion. Diese werde nun attackiert, indem ihr Mittel entzogen werden. Dazu gehört auch das Verbot ausländischer Studierender, denn diese bringen viel Geld ein für Harvard, sagt Doris Simon.
Außer Harvard wurde zum Beispiel auch der Columbia University vorgeworfen, zu wenig gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischer Studierender zu tun. Die Columbia Uni hat sich mit einem "Deal" mit Trump geeinigt und Geld gezahlt. Und genau dagegen hat sich Harvard geweigert.
"Harvard hat aber nach einiger Zeit gesagt, nein, wir machen nicht diesen Deal und zahlen Geld und lassen uns vorschreiben, wer bei uns lehren und studieren darf. Wir klagen!"
Dabei hat Harvard-Präsident Alan Garber der US-Regierung mitgeteilt, mit ihr zusammenarbeiten zu wollen, sagt Doris Simon. Zwar gab es die propalästinensischen Demos und Protestcamps, und es ist auch zu antisemitischen Zwischenfällen gekommen, doch die Uni habe verschiedene Maßnahmen ergriffen, um diese Konflikte aufzuarbeiten, sagt Michael.
Diese vergangenen Uni-internen Auseinandersetzungen werden heute von der US-Regierung als Vorwand genommen, gegen die Förderung von Vielfalt an den Unis vorzugehen, erklärt Doris Simon.
Harvard den Geldhahn zudrehen
Finanziell soll Harvard in die Knie gezwungen werden: Fallen die ausländischen Studierenden weg, die mehr Studiengeld als einheimische zahlen, wird die Finanzierung des laufenden Betriebs der Uni – wie Lehre und Forschung – gefährdet. Darüber hinaus werden und sollen weitere Fördergelder für die Uni gestrichen werden. Schon jetzt hat die US-Regierung 2,6 Milliarden Dollar für Harvard gesperrt. Weitere 3 Milliarden Dollar droht Trump der Uni zu entziehen und stattdessen an Berufsschulen zu verteilen.
Hinzu kommt der Vorschlag, die Steuerbefreiung zu kassieren und das Harvard-Stiftungskapital von 53 Milliarden Dollar mit 21 Prozent zu besteuern, bislang lag der Satz bei knapp über 1 Prozent.
"Wenn überhaupt irgendeine Universität in den USA diese Auseinandersetzung mit Donald Trump und mit der US-Regierung durchhalten kann, dann ist das Harvard."
Würde ein Urteil zugunsten von Harvard von einer Bundesrichterin oder einem Bundesrichter gefällt werden, bleibt die Frage, ob Donald Trump dieses befolgen wird, gibt Doris Simon zu bedenken. In dem Rechtsstreit Harvard vs. US-Regierung geht es auch darum, ob das Heimatschutzministerium der Uni die staatliche Zertifizierung entziehen darf. Diese benötigt die Uni, um eine Datenbank zu bedienen, mit der die Einschreibung von ausländischen Studierenden verwaltet wird. Ohne diesen Zugang können Einschreibungen nicht registriert werden und somit fehlen dann auch die Grundlagen für Visa.
Michael hat sich bereits Gedanken um Plan B gemacht: Sollte die US-Regierung vor Gericht gewinnen und er nicht wieder einreisen können, würde er den Dekan in Harvard fragen, ob er ihm eine Empfehlung für Oxford schreibt. Denn seine zweite Wunschuni war immer schon Oxford.
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