In der Nähe von Tripolis hat es einen schweren Angriff auf ein Lager mit Geflüchteten gegeben. Gegenseitige Schuldzuweisungen sind jetzt nur ein Problem von vielen, sagt unser Korrespondent.
In der Nacht zu Mittwoch, den 03.07.2019, hat es einen schweren Angriff auf ein Flüchtlingslager in Tadschura, einem Vorort von Tripolis gegeben. Nach UN-Angaben sind dabei mindestens 44 Menschen getötet und mehr als 130 weitere schwer verletzt worden. In dem Lager sind wohl überwiegend Geflüchtete aus südlicheren Teilen Afrikas interniert. Teilweise wird versucht, diese Menschen wieder zu repatriieren, sie also mit Hilfe der jeweiligen Botschaften in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken.
Insgesamt sind schätzungsweise eine Million Menschen in das Land geflüchtet, sagt Björn Blaschke. Er ist unser Korrespondent für Libyen. Die Geflüchteten leisteten zu einem großen Teil im Süden Libyens Zwangsarbeit – beispielsweise beim illegalen Goldabbau und auch in der Landwirtschaft. Er sagt, dass ein Teil der Geflüchtete in Libyen faktisch versklavt wird.
"Diese Menschen haben immer noch die Hoffnung, dass sie ans Mittelmeer kommen, um dann nach Europa zu gelangen."
Die Situation im Land beschreibt er als militarisiert und chaotisch. Sie sei seit dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 eigentlich unverändert. Zwei größere Lager gibt es derzeit: Die international anerkannte Regierung unter Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch in Tripolis einerseits, den desertierten General Haftar und seine Milizen andererseits. Dieser wird unter anderem von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Die Regierung in Tripolis macht Haftars Truppen für den Angriff auf das Flüchtlingslager verantwortlich. Der Ex-General beherrscht Gebiete im Osten des Landes und möchte die Hauptstadt Tripolis einnehmen. Seine Seite weist die Vorwürfe zurück und behauptet, ein einzelnes, fehlgeleitetes Flugabwehrgeschoss der Regierungsseite habe das Lager getroffen.
"Was tatsächlich passiert ist, das will Antonio Guterres, der UN-Generalsekretär auch erst aufklären lassen. Da gibt es bisher keine offizielle Darstellung."
Der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, forderte eine unabhängige Untersuchung und erklärte, der Luftangriff könnte ein Kriegsverbrechen darstellen. Björn Blaschke weist darauf hin, dass hunderte von Milizen eine Vielzahl von kleineren Gebieten – also Stadtteile, Dörfer, Ortschaften – beherrschen.
Es gibt keine funktionierende Armee – geschweige denn ein staatliches Gewaltmonopol. Unter den Milizen seien auch kriminelle Banden, die die Schwäche der Regierung ausnutzen, um ihre Geschäfte zu betreiben. Sie verdienten Geld mit Menschenhandel und Goldhandel. Viele der Internierungslager für Geflüchtete werden von diesen Milizen kontrolliert.
Der folgende Kartenausschnitt zeigt in etwa den Vorort von Tripolis, in dem sich der Angriff ereignet hat. Der Ort Tajura oder auch Tadschura liegt östlich des Flughafens der libyschen Hauptstadt am Meer.
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