Rund 100 Seiten hat der Antrag von Friedemann Söffing. Der Vorsitzende des Cannabis Social Clubs Weimar bemüht sich um eine Anbau-Lizenz. Die können Social Clubs seit dem 1. Juli 2024 beantragen. Aber wann gibt es das erste Gras?
Vor einem Jahr hat sich Friedemann Söffing intensiv in die Cannabis-Social-Club-Szene eingearbeitet. Derzeit beantragt er als Vorsitzender die Anbaulizenz für den Cannabis Social Club Weimar. Einfach ist das nicht, sagt er – auch weil die Ämter noch nicht ganz eingespielt sind.
"Ich bin immer noch nicht fertig mit dem Antrag. Ich denke, das werden so ungefähr hundert Seiten insgesamt."
So gebe es beispielsweise Dopplungen bei den Fragen von Bundes- und Landesbehörden. Derzeit sitze er vor einem Leitfaden der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Jugendschutz und Prävention, der viel umfangreicher zu bearbeiten sei als erwartet. Am Ende umfasst der Antrag etwa 100 Seiten, schätzt der Cannabis-Aktivist. Er hofft, die Lizenz bis Ende des Monats zu erhalten.
Cannabis – Regeln ja, Überregulierung nein
Verlangt werden zum Beispiel Informationen zur Verlässlichkeit der Vorstände, Gewerbezentralregisterauszüge oder erweiterte Führungszeugnisse – dass die Cannabis-Legalisierung kontrolliert ablaufen muss, versteht Friedemann. "Am Ende des Tages ist es doch auch eine Droge, das darf nicht so easy sein", sagt er.
Dabei darf hier nicht überreguliert werden, da dies die Vereine finanziell stark unter Druck setzen könnte, findet der Aktivist. Hohe Preise könnten den Schwarzmarkt stärken, komplizierte Prozesse Mitglieder abschrecken, die dann lieber zu Hause anbauen. "Oder ich gehe wieder zu meinem Dealer, wo ich meine zehn Euro auf den Tisch lege. Und dann bin ich durch mit dem Ganzen", sagt er.
Flickenteppich bei den Zuständigkeiten
Derzeit gibt es noch viele Unklarheiten bei den Zuständigkeiten und Regulierungen: Die Cannabisregulierung variiert stark zwischen den Bundesländern, die jeweils unterschiedliche Behörden dafür einsetzen. In Niedersachsen ist es beispielsweise die Landwirtschaftskammer, in Baden-Württemberg das Regierungspräsidium Freiburg, in Rheinland-Pfalz das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung.
"Das ist ein totaler Flickenteppich. Bis vor ein paar Tagen war an manchen Orten auch noch gar nicht klar, wer eigentlich zuständig ist."
Diese Vielfalt führt zu einem Flickenteppich an Zuständigkeiten. Für Berlin wurde kurzfristig festgelegt, dass die Bezirksämter verantwortlich sind. Die sind darauf aber nicht vorbereitet und haben noch keine Formulare. Auch ist teils unklar, wo und wie die Anträge eingereicht werden, ob sie per Post oder E-Mail erfolgen sollen. Ein Club in München hat sich bereits wegen finanzieller und juristischer Unsicherheiten zurückgezogen.
Bayern will es den Cannabis-Clubs besonders schwer machen
Die Länder haben Spielraum für individuelle Anpassungen – etwa bei der Anzahl der Anbauvereine und Kontrollhäufigkeit. Vor allem Bayern will es den Cannabis-Clubs besonders schwer machen und den Anbau streng regeln. Während das Gesetz nur regelmäßige Kontrollen vorschreibt, will das Bundesland alle drei Monate kontrollieren. Niedersachsen hingegen plant dagegen eine weichere Regulierung.
Bundesweit unterliegen Clubs insgesamt strengen Auflagen: maximal 500 Mitglieder, 200 Meter Abstand zu Schulen und Spielplätzen, kein Cannabiskonsum vor Ort und im Umkreis von 100 Metern, kein Anbau in Wohngebäuden und keine auffälligen Schilder zum Beispiel.
Der gemeinsame Anbau mehrerer Clubs ist verboten, um organisierte Kriminalität zu verhindern. Diese Vorgabe wurde aber erst vor drei Wochen bekannt, was manche Clubs zwang, ihre Pläne komplett zu ändern.
Strenges Sicherheits- und Hygienekonzept
Wenn der Cannabis Social Club Weimar seinen Antrag durch hat, dann sollen die Mitglieder beim Produktionsprozess helfen, jedoch nicht alle direkt beim Anbau.
Grund dafür ist ihr Sicherheits-, aber auch ein spezielles Hygienekonzept, das Pflanzen etwa vor Schimmelbildung schützen soll, sagt Friedemann. Pessimistisch rechnet der Club mit der ersten Ernte im Januar 2025. "Wenn wir Glück haben, liegt schon ein bisschen was unterm Weihnachtsbaum", hofft er.
Der Club in Weimar wird dann vorne einen Abgabebereich haben, der nur mit Ausweis zugänglich ist und in dem nur die aktuell benötigte Menge Cannabis vorhanden ist, so der Vorsitzende. Dahinter gebe es einen Bereich für organisatorische Aufgaben und Mitgliedertreffen. Der Anbaubereich selbst sei verschlossen und nur unter bestimmten Voraussetzungen zugänglich.
"Wir haben einen Punkt erreicht, wo die Prohibitionspolitik gescheitert ist. Wir müssen jetzt ein legales Angebot schaffen, wo wir reguliert und kontrolliert abgeben."
Kritik an den Clubs und der Legalisierung von Cannabis kann Friedemann nicht nachvollziehen. Der Schwarzmarkt wachse weiterhin, die bisherige Verbotspolitik hält er für gescheitert. Ein legales, reguliertes Angebot sei notwendig, um ein sauberes Produkt an Personen über 18 abzugeben.
"Ich kann nicht verstehen, wie man Menschen weiterhin auf dem Schwarzmarkt schicken möchte, gerade bei den synthetischen Beimischung, die immer weiter zunehmen", sagt er. Die Clubs seien ein erster Schritt, auch wenn die bürokratischen Hürden groß sind.
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