Die Bahn will ihre Generalsanierung bis 2036 strecken, im Fernverkehr Sitzplätze abbauen und Züge verkaufen. Lokführer Fabian hat gerade seine Ausbildung abgeschlossen und kennt die Probleme. Wie lange hält das System Bahn noch durch?
Die Bahn steht unter Druck. Doch was bedeutet das konkret für Reisende – und für Menschen wie Fabian, die den Betrieb am Laufen halten?
"Die Züge sind rappelvoll – besonders an Wochenenden und Feiertagen. Ich verstehe nicht, warum man da streichen will, statt auszubauen."
Fabian findet es unverständlich, dass ausgerechnet jetzt Sitzplätze gestrichen werden sollen – wo doch jeder Fahrgast die überfüllten Züge kennt.
Zwischen Idylle und Eskalation
Dass Bahnfahren nicht immer romantisch ist, weiß Fabian längst. Für ihn sei der Beruf eine Mischung aus Freude und Frust – schöne Landschaften können den täglichen Stress eben nicht immer aufwiegen. Besonders heftig war ein Vorfall, der ihm bis heute nachhängt.
"Wir hatten schon 20 Minuten Verspätung, und ein Fahrgast hat mich angespuckt, als ich ihn aus dem Zug verweisen wollte."
Das respektlose Verhalten mancher Fahrgäste – Fabian wurde angespuckt, obwohl er gar nichts für die Verspätung konnte – sei schwer zu ertragen.
Den Lokführer angespuckt – aus Frust?
Die Ursache für viele Probleme der Deutschen Bahn liege im Detail, sagt Fabian – und macht es unter anderem an den zu knapp geplanten Haltezeiten deutlich: Seiner Meinung nach tragen die zu eng bemessenen Zeitpläne beim Ein- und Aussteigen maßgeblich zu den ständigen Verspätungen bei.
"Teilweise haben wir nur 30 Sekunden zum Halten. Das reicht nie, wenn 15 Leute ein- oder aussteigen wollen."
Auch Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Joana Voss kennt das Bahnchaos nur zu gut. Sie vergleicht ihr Verhältnis zur Bahn mit einer einseitigen Liebe – zwischen Hoffnung und bitterer Enttäuschung.
Was politisch schiefläuft – und wie es besser ginge
Dabei waren die politischen Versprechen einst groß: Bis 2030 wollte die Bahn 41 Strecken generalsaniert haben. Doch daraus wird nun nichts.
"Das ist für mich wie ein unerwiderter Crush in der Schule. Ich weiß, es tut mir nicht gut, aber ich bin schon viel zu tief drin."
Joana meint, dass es von Anfang an Zweifel an der Umsetzbarkeit gab. Sie ist überzeugt: Die Generalsanierung war notwendig – aber wurde nie langfristig abgesichert, weil bei jedem Regierungswechsel neue Bahnpläne auf dem Tisch lagen.
"Also ich glaube, zu ambitioniert geht es gar nicht, wenn man sich mal den Zustand unserer Bahninfrastruktur anguckt."
Dass die Infrastruktur in einem schlechten Zustand ist, liegt laut Joana auch daran, dass viel zu lange nur auf Verschleiß gefahren wurde.
"Teilweise gibt's noch Stellwerke aus der Kaiserzeit, da werden Weichen per Hand gestellt."
Für sie ist klar: Es brauche nicht nur Sanierung, sondern auch einen umfassenden Neubau – und das gleichzeitig.
Vision gesucht – und zwar dringend
Dass moderne Züge verkauft werden und Überholgleise fehlen, ist für Joana ein weiteres Symptom des Sparkurses.
"Das Fernverkehrsnetz ist völlig überlastet. Statt Überholgleise zurückzubauen, hätte man in ein zweites Netz investieren müssen."
Sie kritisiert, dass Deutschland keine langfristige Bahnstrategie verfolgt – anders als Länder wie die Schweiz oder Österreich, wo es stabile, verlässliche Rahmenverträge gibt.
Auch das Sondervermögen für Infrastruktur sei ein zweischneidiges Schwert, findet Joana. Es werde nämlich nicht automatisch zu Verbesserungen führen, wenn es nur zur Haushaltskosmetik genutzt werde.
"Ein Teil der Mittel ersetzt nur Geld, das vorher aus dem Haushalt kommen sollte – es sind also keine echten Zusatzgelder."
Was es jetzt brauche, appelliert Lokführer Fabian, seien vor allem mehr Überholgleise und großzügiger geplante Haltezeiten in den Fahrplänen – auch wenn das bedeute, dass eine Fahrt insgesamt länger dauere.
Entscheidend ist für ihn nicht die Geschwindigkeit, sondern die Verlässlichkeit: Lieber sitze man doch (verlässlich) ein paar Minuten länger im Zug, als gar nicht erst ans Ziel zu kommen.
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