Auch wenn viele Metropolen uns das Gefühl geben, queeres Leben sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen: Ein Coming-Out ist auch in 2020 noch kein Spaziergang. Warum das so ist und was sich ändern muss, besprechen wir in dieser Ab 21.
Auf ein öffentliches und hochoffizielles Outing hatte Marcel Mann einfach keine Lust. Schließlich — sagt er — sei er schon immer schwul gewesen und müsse deshalb niemanden darüber informieren. Seine Familie, Freundinnen und Freunde bekommen irgendwann mit, dass Marcel einen Freund hat, und sind wenig überrascht, unterstützen ihn.
Trotz dieser positiven Erfahrungen hat der Synchronsprecher und Comedian nie das Bedürfnis gehabt, seine Sexualität zum Beispiel in der Schule an die große Glocke zu hängen. Die Angst vor Ablehnung und öffentlicher Entblößung war zu groß: "Es war eine ständige Bedrückung."
"Es ist immer ein Risikofaktor sich zu outen. Es kann einem ganz viel geben, aber auch nehmen."
Was er heute über seine Entscheidung, sich nicht offiziell zu outen, denkt und wie
er die aktuelle Situation für queere Menschen einschätzt, erzählt er in der Ab 21.
Egal wie alt Personen sind — ein Coming-Out ist nie leicht
Ihr inneres Coming Out erleben die meisten Menschen, nachdem sie sich erstmals intensiver mit der eigenen Sexualität und geschlechtlichen Identität beschäftigt haben. Das passiert meist so zwischen dem 13. und 16. Lebensjahr, zeigt eine Studie des Deutschen Jugendinstituts.
Aber was ist eigentlich, wenn wir uns gar nicht eingestehen wollen, dass wir nicht heterosexuell sind? Oder uns erst nach langen Hetero-Beziehungen outen? Janine Dieckmann ist Psychologin und hat zu späten Coming-Outs geforscht.
Sie sagt, dass es Menschen, die bereits in einer langen heterosexuellen Beziehung gelebt oder Kinder haben, schwerer haben sich zu outen. Dennoch sei ein Coming-Out in jedem Alter für die betreffende Person eine Herausforderung.
Queeres Leben hat auf dem Land eine geringere Sichtbarkeit
In vielen Metropolen scheint queeres Leben nichts Besonderes mehr zu sein. Allerdings fehlt gerade in ländlichen Gebieten immer noch die Sichtbarkeit — queere Menschen und queeres Leben sind weniger stark im Alltag präsent, als in den Städten. Das weiß Manuela Tillmanns, sie ist Beraterin beim Projekt "Queer durch Sachsen". Dort hilft sie zum Beispiel jungen Menschen bei ihrem Coming-Out.
"Es gibt wenig Anknüpfungspunkte für queere Jugendliche auf dem Land und tatsächlich eine geringere Sichtbarkeit."
Queere Jugendliche würden gerade innerhalb der Familie oder der Schule Ablehnung befürchten, ganz egal, ob sie auf dem Land oder in der Stadt leben. Dennoch sei für viele eine Coming-Out einfacher, wenn es auch andere Menschen in ihrer Umgebung machen.
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