Während Deutschland vom "Lockdown Light" langsam aber sicher in den "harten Lockdown" gleitet, geht es für Fußballer und andere Profisportler (bis auf die fehlenden Zuschauer) so weiter, als wäre nichts gewesen. Unser Sportreporter stellt die Frage nach der Vorbildfunktion des Sports.

Menschen, die tanzen, hüpfen, jubeln und sich in den Armen liegen. Und das alles auch noch ohne Maske. Sieht man nicht gerade oft in diesen Tagen - diese Woche aber schon, und zwar nach dem Fußball-Champions-League-Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Real Madrid (unser Bild oben).

Ausrastende Gladbach-Spieler

Denn obwohl die Mannschaft von Trainer Marco Rose das Spiel hochverdient mit 0:2 verlor, durften die Spieler um kurz vor elf am Abend jubeln: Da das Parallelspiel zwischen Inter Mailand und Schachtjor Donezk 0:0 Unentschieden endete, zog Mönchengladbach ins Achtelfinale ein. Die Freude – emotional, sportlich, finanziell – ist also mehr als verständlich.

"Wenn wir 30.000 neue Fälle haben und fast 600 Menschen am Tag sterben, sollte man mal darüber nachdenken, ob einfach Profisport noch das Richtige ist gerade."
Matthias Friebe, DLF-Sportredaktion

Die Bilder der jubelnden Spieler kommen aber nicht nur gut an. Angesichts der Corona-Zahlen seien diese schwer zu vermitteln, findet etwa Matthias Friebe aus der DLF-Sportredaktion. Denn zeitgleich denken wir darüber nach, die Maßnahmen weiter zu verschärfen und vielleicht wieder Schulen und Kitas zu schließen.

Der Profisport trage die Werte immer gern vor sich her und wolle Inspiration und Vorbild sein für die Gesellschaft – etwa, was die Gesundheit angeht, sagt Matthis Friebe.

"Profisport trägt Vorbildrolle vor sich her"

Wenn er das aber immer so ins Schaufenster stelle, dann müsse er das eigentlich auch genau jetzt - in diesen besonderen Zeiten - tun und seine Vorbildrolle ernst nehmen. Viele Menschen müssen gerade auf viel verzichten, auch auf Sport. Während die Profis kicken, ist das für Amateursportler nicht möglich. Fitnessstudios und Schwimmbäder sind ebenfalls dicht.

Befürworter der Fortsetzung des Profisports halten dagegen: Die Spieler werden alle regelmäßig getestet. Außerdem gebe es Millionen Fußballfans, die sich ein bisschen Live-Unterhaltung wünschten und nebenbei auch für Abos viel Geld bezahlen.

Brot und Spiele

Dass sich die Menschen – gerade in der anstrengenden Coronazeit – ablenken möchten und die meisten Fußballfans wahrscheinlich froh sind, dass wenigstens der Ball noch rollt, sei natürlich total nachvollziehbar, so unser Sportreporter.

Trotzdem könne die Abwägung der Argumente Profisportler am Ende dazu bringen, nicht auf den Platz zu gehen und zu sagen: Die Vorbildrolle – und unser eigener Schutz – ist uns wichtiger, und wir gehen mit gutem Beispiel voran. Bisher gab es aber noch keinen Fußball-Profi auf Topniveau, der wegen der Coronasituation gesagt hätte: Ich spiele nicht mehr.

Handballer Wiencek sagt WM ab

Anders im Handball: Diese Woche hat Nationalspieler Patrick Wiencek vom THW Kiel seine Teilnahme an der WM im Januar abgesagt – weil sich das gerade falsch anfühle, so Wiencek. Bei der Weltmeisterschaft in Ägypten kommen 32 Mannschaften und ihre Betreuerteams aus aller Welt zusammen. Wiencek sagt, er kann das als Familienvater nicht verantworten. Es sei ihm wichtiger, für seine Familie da zu sein und auch da seiner Vorbildrolle nachzukommen.

Es gab große Respektsbekundungen für den Spieler – die deutsche Mannschaft nimmt an dem Turnier aber trotzdem teil.

Shownotes
Gladbach vs. Madrid
Steigende Corona-Zahlen: Ob Profisport jetzt noch okay ist?
vom 11. Dezember 2020
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Matthias Friebe, DLF-Sportredaktion