Die Welt, in der wir uns bewegen, ist auf Männer ausgelegt. Allein schon, weil sie meist von Männern konzipiert wurde. Egal ob Traktoren, Medikamente, Webstühle oder Software. Das patriarchalische Design schließt dabei Menschen jenseits von Männlichkeitsnormierung aus. Und das ist ein Problem.

Sich als ganz normaler Durchschnittsmann durch diese Welt zu bewegen, muss ein wunderbares Gefühl sein – da passt einfach alles. Kein Wunder. Unsere Welt ist nämlich in vielerlei Hinsicht für Männer gemacht – auf sie zugeschnitten, gewissermaßen. Das betrifft vor allem das Design von Dingen.

Patriarchale Strukturen im Alltag

Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Rebekka Endler hat das "Patriarchat der Dinge" aufgespürt und im gleichnamigen Buch aufgeschrieben und mit Nachweisen versehen. Für uns fasst sie einige Punkte zusammen, in denen uns in unserem Alltag patriarchale Strukturen begegnen, wo wir sie gar nicht vermuten würden.

  • Die Temperatur in Büroräumen ist auf männliches Temperaturempfinden ausgerichtet
  • Fußballschuhe sind für Männerfüße konzipiert
  • Medikamentenangaben sind anhand von männlichen Organismen berechnet
  • Crashtest-Dummies entsprechen Männerkörpern
  • Maschinen – vom Traktor in den USA bis zur Teppichwebmaschine im Iran – sind auf cis Männer normiert

Die Liste ließe sich ewig weiterführen, sagt Rebekka Endler. Interessant sei aber vor allem, sich anzuschauen, woher diese patriarchale Normierung komme und warum sie weiter bestehe. Als wesentliches Problem identifiziert sie, dass es im Gros Männer sind, die Dinge konzipieren.

"Ein Problem ist, dass es in der Regel cis Männer sind, die den Großteil unserer Welt gestalten - und dabei erstmal von sich selbst ausgehen."

Wie das enden kann, wenn ausschließlich Männer an der Konzeption von Dingen beteiligt sind, zeigt der Launch des "Apple Health Kit" 2014: Da wurde nämlich schlichtweg eine elementare Funktion vergessen. Die Menstruation.

Aber es sind nicht nur cis Frauen, die unter patriarchalem Design leiden. Je nachdem, wohin man schaut, sind es alle Frauen, trans, inter und nicht binäre Menschen, aber auch cis Männer, die nicht der normierten Durchschnittlichkeit entsprechen - entweder, weil sie zu groß, zu klein, zu dünn oder zu dick sind, oder weil sie sonst einem Männlichkeitsprofil nicht entsprechen, sagt Rebekka Endler.

Patriarchales Design sei sehr viel mehr als das Mann-Frau-Thema. Wer die Welt gestalte – völlig egal, ob den öffentlichen Raum, das Private, den Arbeitsplatz, die Sport- und Haushaltsgeräte, die Autos oder die Medizin – entscheide darüber, wer sich darin erfolgreich, wohl, sicher, gesund und sichtbar bewegen kann.

"Die größte Macht überhaupt, ist die gesellschaftliche Teilhabe. Und wie schon Spiderman bemerkte: Aus großer Macht folgt große Verantwortung! Teilen wir sie."
Rebekka Endler, Autorin
Shownotes
Männlichkeitsstrukturen im Alltag
Warum patriarchale Normierung ein Problem ist
vom 13. Mai 2021
Moderator: 
Till Haase
Autorin: 
Rebekka Endler, Deutschlandfunk Nova