In "Zornfried" erzählt Jörg-Uwe Albig die Geschichte des Journalisten Jan Brock, der irgendwo im Spessart tief in den Wald fährt, um eine Geschichte über die Neue Rechte zu erzählen. Sein Ziel ist eine Burg. Gut versteckt, mitten im Wald.
Das Auto parkt Brock besser vor den Burgmauern; vielleicht muss es bei seiner Abreise schnell gehen. Noch weiß Brock nicht, woran er ist. Er weiß nur, dass sein Gastgeber, ein gewisser Freiherr von Schierling, junge Männer befehligt. Sie sind uniformiert – mit Sonnenbrillen und schwarzen T-Shirts mit gelbem W drauf.
"Zornfried" heißt Jörg-Uwe Albigs knackig-knapper Roman über einen Journalisten, der in den Wald geht, um die Neue Rechte als einen Haufen Pseudo-Intellektueller zu entlarven. Er hat den Auftrag von seiner Redaktion, einen großen Text für das Feuilleton zu schreiben.
Recherche auf der Burg bei Freiherr von Schierling
Für ein paar Tage mietet Brock ein Zimmer in einer Pension im nächsten Ort. Jeden Morgen setzt er sich ins Auto und fährt zur Burg, wo ihn Freiherr von Schierling mal erwartet, mal versetzt. Brock lernt Schierlings Sekretär kennen, außerdem einen irren Künstler, der einen irren Film dreht, dann noch Schierlings Frau, die ihren Mann siezt, außerdem viele junge Männer, die brüllend durch den Wald marschieren, und viele junge Frauen, die schweigend das Essen kochen und die Herrschaften bedienen.
Nach ein paar Tagen ist Brock verwirrt. Oberflächlich ist alles zwar sehr eindeutig, aber zu fassen kriegt er die Zusammenhänge trotzdem nicht: Sie schmieden Weltherrschaftspläne, und sie philosophieren bei endlosen Wanderungen über mächtige Gewächse wie Buchen und Eichen im Kampf gegen schmächtige Gewächse wie Haselsträucher und invasive Arten wie die spätblühende Traubenkirsche.
"Sie sammeln sehr alte Bücher mit sehr fragwürdigem Inhalt, und sie rezitieren bei abendlichen Versammlungen Gedichte von Storm Linné über Narben, Wunden, Opfer, Stürme, Fleisch und Fäulnis und unfassbare Qualen."
Aber warum, dass erfährt Brock nicht. Er kriegt nicht mal raus, was das W bedeutet. Widerstand, Wölfe, Witzfiguren? Als plötzlich eine Reporterin von einem Konkurrenzblatt auf Burg Zornfried auftaucht, und sich kein Mensch mehr um ihn kümmert, hat Brock die Schnauze voll. In der Pension packt er grimmig seine Sachen.
Und dann packt er sie wieder aus. Das kann nicht wahr sein, denkt er sich. Hier hocken echte Nazis mitten im Wald und er kann nichts Spannendes über sie berichten? Brock weiß jetzt, er muss tiefer graben. Er muss noch viel tiefer in den Wald.
Das Buch
"Zornfried" von Jörg-Uwe Albig, Klett-Cotta, 159 Seiten, gebundene Ausgabe (Hardcover): 20 Euro, E-Book: 9,99 Euro; Erscheinungstag: 23.02.2019.