Jedes Jahr leiden die Menschen in Afrika unter katastrophalen Hungersnöten. Der vor Kurzem eingewanderte "Herbst-Heerwurm" könnte aber alles Dagewesene noch in den Schatten stellen.

Es ist noch gar nicht lange her, da war der sogenannte Herbst-Heerwurm auf dem gesamten afrikanischen Kontinent noch gänzlich unbekannt. Erst vor zwei Jahren ist der Wurm eingewandert, bei dem es sich im biologischen Sinne um die vier Zentimeter lange Raupe einer Schmetterlingsart handelt.

Aber es ist eben vor allem die Raupe dieses Insekts, die sich massenhaft vermehren und in kürzester Zeit wie ein kriegerisches Heer riesige Maisflächen vernichten kann. 

"In Anspielung auf die islamistische Terrororganisation, wird die kleine Raupe oft als "Mais-Boko-Haram" bezeichnet."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova Tierexperte

Mittlerweile hat sie sich von Nigeria über den Kongo bis nach Äthiopien in insgesamt 21 Länder Afrikas ausgebreitet. Auch im südlichen Afrika kommt sie vor, wo Mais das mit Abstand wichtigste Grundnahrungsmittel ist. 

"Herbst-Heerwurm" erobert Afrika im Sturm

Der "Herbst-Heerwurm" vermehrt sich rasend schnell: Ein Weibchen legt bis zu 1000 Eier und das bis zu zwölfmal im Jahr. Und bei günstigen Windverhältnissen kann der Schmetterling, der aus der Raupe entsteht, in einem Monat mehrere hundert Kilometer zurücklegen.

Ein weiteres Problem für die Bauern: der "Herbst-Heerwurm" ist fast ein pflanzlicher Allesfresser. Neben Mais frisst er auch noch 80 weitere Kulturpflanzen, wie Hirse, Sojabohnen, Erdnüsse und Kartoffeln, aber auch Tabak und Baumwolle. 

"Was den "Herbst-Heerwurm" so gefährlich macht: Er zerstört den Mais von innen heraus, so dass die Farmer einen Befall meist erst dann erkennen, wenn es bereits zu spät ist."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova Tierexperte

Die ursprüngliche Heimat des "Herbst-Heerwurms" ist Nord-und Südamerika, wo er auch schon lange als Schädling bekannt ist. In Brasilien ist die Bedrohung der Maisernte inzwischen so groß, dass der Staat jedes Jahr 600 Millionen US-Dollar zur Bekämpfung des gefräßigen Insekts ausgibt.

Sehr wahrscheinlich wurde der Schädling als blinder Passagier mit Warentransporten aus Südamerika per Flugzeug oder Schiff nach Westafrika eingeschleppt. Die Weibchen des "Herbst-Heerwurms" legen ihre Eier nämlich nicht nur auf Nutzpflanzen, sondern immer wieder auch auf Blumen ab. So entdecken Kontrolleure der EU bei Importen von Gemüse oder Schnittblumen aus Südamerika immer wieder "Herbst-Heerwürmer". Allein im Jahr 2016 acht Mal.

"Es ist durchaus denkbar, dass der "Herbst-Heerwurm" auch in Südeuropa auftaucht und sich dort dauerhaft etabliert."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova Tierexperte

Die Raupe bedroht in Europa hauptsächlich den Süden. Für Mitteleuropa und Deutschland besteht nach Ansicht von Experten im Augenblick keine Gefahr, sagt Mario Ludwig. Der "Herbst-Heerwurm" benötigt für seine Vermehrung Temperaturen von dauerhaft über zehn Grad Celsius. Bei Minustemperaturen, wie bei uns im Winter, stirbt der Schädling in sämtliche Entwicklungsstadien von den Eiern bis zum erwachsenen Tier ab.

Vernichtung der Raupe scheint aussichtslos

Die Bekämpfung des Schädlings ist wegen der versteckten Lebensweise der Raupen alles andere als einfach: In den USA und Brasilien  setzten die Maisfarmer in der Vergangenheit auf gentechnisch veränderte Maispflanzen, die eine für die Raupen giftige Substanz produzierten.

Allerdings entwickelten die Raupen bereits nach wenigen Jahren Resistenzen dagegen. Inzwischen ist der Genmais wieder vom Markt. Die natürlichen Fressfeinde des "Herbst-Heerwurms" wie Vögel oder einige Ameisenarten können die Massenvermehrungen des Schädlings nur geringfügig eindämmen. 

Bleibt noch die großflächige Bekämpfung mit Insektiziden, die allerdings teuer und alles andere als umweltverträglich sind. Erschwerend kommt hinzu, dass auf dem amerikanischen Kontinent bereits Resistenzen gegen einige der Pestizide aufgetaucht sind, die sich auch in Afrika entwickeln könnten.

Shownotes
Das Tiergespräch
Verheerender Eindringling "Herbst-Heerwurm"
vom 30. August 2017
Modratorin: 
Tina Kießling
Hesprächspartner: 
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova Tierexperte