Wie läuft das eigentlich wirklich? Die meisten Singles flirten doch über Dating-Apps. Auch am Wochenende in Bars oder Diskotheken sieht man sie häufig; die Menschen, die ihr Smartphone checken, und gucken, ob das Profil geliked wurde, ob es neue Anfragen gibt. Voll romantisch? Nicht wirklich. Aber intim!

Ja wirklich! Digital kommen wir uns irgendwie schneller näher und werden auch intimer. Apps auf unseren Smartphones wie FriendScout, Badoo, Lovoo, Spotted, Tinder zeigen uns Flirtwillige in der Nähe an. Wer sich gegenseitig attraktiv findet, kann miteinander chatten. Anders als im "normalen Leben" können wir online offenbar sehr schnell Nähe empfinden, obwohl wir uns noch recht fremd sind.

"Ferne kann eine größere Nähe herstellen, weil die reale Person ja nur virtuell anwesend ist und wir keine Angst vor Nähe haben müssen. Das ist ein Gesetz der Internetkommunikation"
Sexualwissenschaftler Martin Dannecker über Internetkommunikation

Andreas bestätigt die These. Er sagt von sich selbst, dass er zwar am Wochenende gerne mal tanzen geht. Aber für den Flirt nutzt er lieber die App. Da traut man sich was, sagt er.

"Da kannst du die schönste Frau problemlos anlabern. Gut, kriegst du halt genauso wenig 'ne Antwort wie in der freien Wildbahn."
Andreas, nutzt ausschließlich Dating-Apps zum Flirten
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Vom Online-Date in die reale Beziehung zu wechseln ist schwer

Im virtuellen Raum bewegen wir uns ungezwungener. Da müssen wir keine Rollen spielen. Offline sind wir eher gehemmt oder verstellen uns, wenn uns jemand direkt gegenübersitzt.

"Wir haben in der Realität sehr viel stärker Angst davor, beschämt zu werden."
Sexualwissenschaftler Martin Dannecker

Das liegt an der körperlichen Interaktion. Also der Mimik beispielsweise, wie wir sie von den Eltern kennen, wenn sie die Augenbraue hochziehen, die Nase rümpfen oder traurig gucken. Offenbar führt die ständige Netzkommunikation dazu, dass wir uns schlechter an eine Person binden können. Das Problem ist halt diese endlose Auswahl. Das geht auch Anne so, die zugibt, dass sie auch direkt nach einem Date auf ihr Handy guckt, um zu checken, ob nicht vielleicht jemand anderes geschrieben hat. Jemand Besseres vielleicht? So genau sagt sie es nicht.

"Ich sehe die Gefahr, dass wir uns durch die Wisch-und-Weg Mentalität bei Dating Apps langfristig nicht mehr auf was Festes einlassen können."
Soziolöoge Kai Dröge über die Auswirkungen von Dating-Apps auf unser Beziehungsverhalten

Immerhin: Die Wissenschaftler machen auch Hoffnung. Martin Dannecker sagt, dass er an die Zweisamkeit glaubt. "Wir müssen lieben. Diese Sehnsucht ist uns nicht auszutreiben."

Shownotes
Dating-Apps
Flirten ohne Scham
vom 09. Januar 2015
Moderator: 
Dominik Schottner
Autor: 
Tim Wiese
Autorin: 
Lydia Heller