Kann man in Dating-Shows wirklich die wahre Liebe finden oder wollen Kandidaten und Kandidatinnen in erster Linie Aufmerksamkeit, Ruhm und Geld kassieren? Wir haben mit Ex-Bachelorette Stella Stegmann und einer Sozialpsychologin gesprochen.
Es sieht aus wie ein Traumurlaub in paradiesischem Setting: Viele Dating-Shows finden an exotischen Locations statt, wo sich Kandidat:innen bei atemberaubenden Freizeitunternehmungen näherkommen können: Es sind inszenierte intensiven Begegnungen.
Die Suche nach dem Perfect Match
Das vermeintlich vornehmliche Ziel: Unter einer großen Auswahl von potenziellen Partnern in kürzester Zeit den perfekten Match entdecken, um das lebenslängliche Glück zu finden. Das mag für Kandidatinnen wie Stella Stegmann eine Motivation gewesen sein, um an einer Dating-Show teilzunehmen.
Sie glaubt fest daran, dass es den Perfect Match für sie gibt, und dass sie diesem jederzeit begegnen kann: sowohl in einer Dating-Show als auch zufällig in einem Supermarkt.
Stella Stegmann hat an zwei Dating-Shows teilgenommen. 2023 war sie Teil der Netflix-Produktion "Too Hot to Handle: Germany". Und 2024 war sie die "Bachelorette" im gleichnamigen Format. Erstmals sowohl mit weiblichen wie auch männlichen Kandidaten.
In beiden Formaten hat sich Stella verliebt, aber es endete beide Male in einer Enttäuschung, weil die Beziehung und das Kennenlernen nach Drehschluss nicht dem Reality Check standhielt.
"Ich bin schon auch ein sehr romantischer Mensch. Und ich glaube schon an die Personen, die perfekt zu einem passt – so perfect-match-mäßig."
Stella streitet nicht ab, dass sie auch Interesse daran hatte, Bekanntheit zu erlangen. Sonst hätte sie wohl nicht an "Too hot to handle: Germany" teilgenommen, sagt sie. Aber die Reichweite und den Fame, den sie durch die Dating-Formate erlangt hat, hatte sie sich besser vorgestellt.
"Ich würde mich als durchschnittlich glücklicher und zufriedener beschreiben, bevor ich in der Öffentlichkeit stand. Und das, finde ich, ist halt schon ein krasses Statement."
Auch ihre "begrenzte Reichweite", wie sie sagt, bringt schon viele Nachteile mit sich. Kritik und Hasskommentare auf den sozialen Medien haben dazu geführt, dass Stella Stegmann sich inzwischen selbst mehr infrage stellt und unzufriedener mit sich ist. Deswegen würde sie anderen auch eher abraten, an einer Dating-Show teilzunehmen.
Dinah ist Sozialpsychologin und hostet den Podcast "Trashologinnen", in dem sie Reality-Dating-Formate psychologisch analysiert. Sie will ihren Beruf als Psychologin von ihrem Podcast trennen, deshalb hostet sie ihn als Dr. Dinah. Ihr voller Name ist der Redaktion aber bekannt.
Seit der Pandemie gebe es mehr Dating-Shows, sagt Dr. Dinah - unter dem Namen tritt sie im Podcast auf. Sie glaubt, das liege daran, dass es uns eine Art Ersatzbefriedigung bieten kann. Wenn wir beispielsweise Dinge tun möchten, die wir aus bestimmten Gründen nicht tun wollen oder können. Die Shows bieten uns indirekt die Möglichkeit an bestimmten Erfahrungen teilzuhaben.
"Warum finden wir Reality-TV so toll ? Ich glaube, dass es daran auch liegt, dass es uns so ein bisschen Ersatzbefriedigungen geben kann."
So richtig erfolgreich seien Dating-Shows beim Zusammeführen von Menschen nicht, sagt die Sozialpsychologin. Bei circa 19 Staffeln des "Bachelor-/Bachelorette"-Formats schätzt sie, dass ein einziges Paar noch zusammen sei. Das sei schon eine geringe Quote.
Faktoren, auf die Dating-Shows setzen
Wenn man sich die Dating-Shows anschaue, ergebe es Sinn, dass die Kandidat*innen sich verlieben würden, sagt die Sozialpsychologin. Dafür wenden die Produktionen der Dating-Formate gewisse Strategien an, die auch in der psychologischen Forschung bekannt sind. Dadurch hält Dinah es für möglich, dass in den Reality Shows auch tatsächlich innerhalb von kürzester Zeit emotionale Bindungen entstehen.
Zu diesen Faktoren zählt Dr. Dinah:
- Proximität - wie nah man beieinander ist und was die tatsächliche Distanz zwischen zwei Menschen ist.
- Vertrautheit - die ersten beiden Faktoren hängen zusammen: was wir oft sehen, daran gewöhnen wir uns.
- Ähnlichkeit - wir mögen Menschen, die so sind wie wir, also mit denen wir Gemeinsamkeiten haben.
- Missattribution of Arousal - die Aufregung, die wir bei abenteuerlichen Unternehmungen spüren, projizieren wir auf die Person, die uns dabei begleitet.
"Wenn man sich die Forschung aus der Psychologie anguckt, gibt es drei Hauptfaktoren und tatsächlich sind alle drei auch total präsent im Reality-TV."
Auf unserem Bild oben ist Stella Stegmann zu sehen. Sie war als Kandidatin in Dating-Shows unterwegs, unter anderem als "Bachelorette".
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- Lenhard, A., Minten, M.-P. and Lenhard, W. (2023). When biology takes over: TV formats like The Bachelor and The Bachelorette confirm evolutionary theories of partner selection. Front. Psychol. 14:1219915.
- Psarras, E., Stein, K., & Shah, P. (2021). "You’re not here for the right reasons!" From The Bachelorette to Instagram Influencer. Feminist Media Studies, 23(2), 571–587.
- Hamm, M. (2021). "Flirten, Daten, Fighten, Feiern" – ein sexual- und medienpädagogischer Blick auf die TV-Dating-Formate "Der Bachelor", "Die Bachelorette" und "Prince Charming". Z Sex Forsch 2021; 34(02): 103-109