Denken ist eine Herausforderung, auf die wir uns einlassen. Denn in der Regel denken wir nach, um ein Problem zu lösen. Meistens empfinden Menschen Denken als anstrengend. Aber beim Schachspielen etwa tun wir es trotzdem, und zwar zum Spaß.

Wer schon einmal ausführlich auf einem komplexen Problem herumgedacht hat, weiß, wie anstrengend Denken sein kann. Deswegen spricht man umgangssprachlich auch von Kopfarbeit.

Ein niederländisches Forschungsteam hat in einer empirischen Metaanalyse herausgefunden, dass Menschen in der Regel Denkprozesse grundsätzlich anstrengend empfinden und negative Gefühle damit verbinden. Die Forschenden haben dafür Daten von rund 4.500 Menschen aus 170 sehr aktuellen Erhebungen aus 29 verschiedenen Ländern ausgewertet.

Denken: Eigentlich viel zu anstrengend, wir tun es trotzdem

Menschen mit unterschiedlichen sozialen und beruflichen Backgrounds sollten mithilfe eines Fragebogens die Belastung verschiedener geistiger Aufgaben einschätzen. Die Befragten waren recht heterogen: Die Gruppe umfasste Menschen aus dem Gesundheitswesen über Kampfpiloten bis hin zu Studierenden.

Das Interessante und wohl überraschende dabei war, dass durchschnittlich alle Befragten Denken als anstrengend empfanden und mit negativen Gefühlen verbanden. Der einzige Unterschied zeigte sich in der regionalen Herkunft: Asiaten empfanden das Denken als nicht ganz so negativ wie zum Beispiel Europäer oder US-Amerikaner. Die Studienautor*innen gehen davon aus, dass das an den unterschiedlichen Schul- beziehungsweise Bildungssystemen in verschiedenen Ländern liegen könnte.

So viel wie nötig - so wenig wie möglich

Im Prinzip bestätigen diese Ergebnisse eine alte Idee aus der Psychologie: Dass Menschen Anstrengendes generell möglichst vermeiden oder diese zumindest dosieren - nach dem Motto: "So viel wie nötig“.

Denken wird also als Mühe wahrgenommen, sozusagen als ein Kostenfaktor. Dieser muss dann gegen Ergebnisse oder mögliche Belohnungen gegengerechnet werden. Eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung also.

Wieso suchen manche die geistige Herausforderung?

Ganz offensichtlich gibt es Menschen, die im Privaten und im Beruflichen geistige Herausforderungen suchen. Die Forschenden wollten einen Erklärungsansatz dafür finden, weshalb das so ist. In ihrer Studie erklären sie dies am Beispiel Schachspielen.

"Warum tun sich Millionen Menschen diese wirklich geistige Anstrengung an und das auch noch freiwillig?"
Britta Wagner, Deutschlandfunk Nova

Die Forschenden vermuten, dass Menschen diese geistige Herausforderung des Schachspielens auf sich nehmen, obwohl sie sie im Prinzip unangenehm finden. Aber dass sie dann eben eine Kosten-Nutzen-Rechnung durchführen und sich für den unangenehmen Aufwand entscheiden, weil es ihnen möglicherweise Prestige bringt, Schach zu spielen. Oder weil sie Aussicht auf einen Titel bei einem Turnier haben. Das könnte sogar dazu führen, dass die Leute die geistige Herausforderung genießen, obwohl sie Denken an sich als anstrengend empfinden.

Möglicherweise blenden diese dann das grundsätzlich unangenehme Gefühl durch die Denkarbeit aus, weil ihnen andere Aspekte wichtiger sind. Und das muss dem Konzept "Im Prinzip finden wir Denken anstrengend“, gar nicht einmal widersprechen.

Shownotes
Kognition
Denken: Obwohl es anstrengend ist, haben wir auch Spaß daran
vom 07. August 2024
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartnerin: 
Britta Wagner, Deutschlandfunk Nova